Bist du ein Insecure Overachiever?

von Ragnhild Struss
Du bist leistungsfähig, ambitioniert und erfolgreich. Aber wenn sich trotz objektiver Erfolge kein Gefühl innerer Zufriedenheit, Stimmigkeit oder Ankunft einstellt, könnte es sein, dass mehr Angst als echte Selbstverwirklichung dein Tun lenkt: Du bist Insecure Overachiever.
1. Du erreichst deine Ziele – aber du fühlst dich nie wirklich angekommen
Die Freude über Erfolge ist flüchtig. Statt Genugtuung spürst du innerlich schon den nächsten Auftrag.
Tipp: Führe ein kleines Erfolgstagebuch. Notiere nicht nur das, was du erreicht hast, sondern auch, wie du dich dabei gefühlt hast. Frage dich: Gab es einen Moment des echten Stolzes – oder nur das Abhaken eines Punktes?
2. Du verknüpfst deinen Selbstwert überproportional stark mit deiner Leistung
Ein Tag ohne Produktivität fühlt sich nicht neutral an – sondern wie persönliches Scheitern.
Tipp: Sammle regelmäßig Eigenschaften an dir, die nichts mit Leistung zu tun haben – z. B. Humor, Fürsorglichkeit, Neugier. Lies sie dir in Momenten inneren Drucks laut vor.
3. Du funktionierst – auch wenn du längst erschöpft bist
Du gehst über deine Grenzen, weil Pausieren sich gefährlicher anfühlt als Weitermachen.
Tipp: Bewerte täglich auf einer Skala von 1–10 deine Erschöpfung. Liegt sie drei Tage in Folge bei 7 oder höher, plane bewusst Erholungszeit ein – ohne sie rechtfertigen zu müssen.
4. Du empfindest Entspannung als unangenehm oder sinnlos
Ruhe fühlt sich nicht nach Regeneration an – sondern nach Kontrollverlust oder Leere.
Tipp: Erlaube dir jede Woche mindestens 30 Minuten „verplante Leere“ bzw. “Radikales Nichtstun” – ohne Ziel, ohne Inhalt. Bleib einfach da – und beobachte, was auftaucht, ohne es gleich zu optimieren.
5. Du arbeitest nicht nur viel – du denkst auch ständig über Arbeit nach
Auch nach Feierabend kreist dein Geist um Projekte, offene To-dos oder Fehlervermeidung.
Tipp: Entwickle ein abendliches Shut-Down-Ritual: Notiere drei Aufgaben für morgen und beende den Tag mit dem Satz: „Für heute ist es genug.“
6. Du brauchst Anerkennung – und zweifelst trotzdem an dir
Lob kommt an – aber nie wirklich bei dir. Du erklärst Erfolge mit Glück, Zufall oder Milde anderer.
Tipp: Schreibe dir jeden Freitag drei Dinge auf, die du selbst anerkennst. Lies sie dir am Montag vor – bevor du in die Bewertung durch andere gehst.
7. Du vermeidest emotionale Tiefe – aus Angst, dich zu verlieren
Du zeigst dich lieber stark und klar als weich und ungewiss. Nähe fühlt sich riskant an.
Tipp: Sag in einem Gespräch etwas Kleines, Echtes – z. B. „Ich merke, dass ich heute innerlich nicht ganz sortiert bin.“ So öffnest du einen Raum für Verbindung.
8. Du sabotierst dich manchmal selbst – obwohl du funktional bist
Du vergisst Dinge, zögerst Entscheidungen hinaus oder machst unerklärliche Fehler.
Tipp: Halte inne. Frage dich: „Welcher Teil in mir möchte gerade etwas sagen?“ Schreib drei spontane Sätze aus diesem Anteil nieder – ohne zu werten.
9. Du fühlst dich für alles verantwortlich – auch wenn es nicht deine Aufgabe ist
Du übernimmst Aufgaben, weil du glaubst, dass sonst etwas „schiefläuft“ – oder du selbst nicht genügst.
Tipp: Übe das Zurückgeben von Verantwortung. Sag z. B.: „Ich unterstütze gern – aber ich bin nicht zuständig für die Entscheidung.“
10. Du spürst, dass es leichter sein müsste – aber du traust dich nicht, langsamer zu werden
Ein leiser Wunsch nach Entlastung ist da – aber du fürchtest, dadurch an Wert zu verlieren.
Tipp: Plane einen Wochentag, an dem du alles mit 20 % mehr Puffer gestaltest. Beobachte, was sich verändert – in deinem Tempo, aber auch in deinem Gefühl von Selbstkontakt.
28.06.2025