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Zen-Meister oder kreatives Genie? Was (Un-)Ordnung über Sie aussagt

Zen-Meister oder kreatives Genie? Was (Un-)Ordnung über Sie aussagt

Ordentlichkeit liegt im Trend und es gibt mittlerweile eine ganze Industrie, die rund um Entrümpelungs- und Minimalismus-Ratgeber entstanden ist. Doch leben wir wirklich alle ein besseres Leben in perfekt aufgeräumter Umgebung – oder hat auch das Chaos seine Daseinsberechtigung?

Wissen Sie, wie man Socken faltet und diese ordentlich Reihe um Reihe aufstellt? Wenn ja, dann haben Sie vermutlich in den letzten Jahren ein Buch der japanischen Aufräum-Expertin Marie Kondo gelesen oder ihre Netflix-Show gesehen. Der Trend um Ordnungs- und Entrümpelungsmethoden – zusammen mit anderen Selbstoptimierungsthemen – reißt nicht ab. Die unhinterfragte Message dahinter lautet stets: „Wer aufräumt, ist glücklicher – und wahrscheinlich auch ein besserer Mensch.“ Doch lässt sich dies so uneingeschränkt behaupten? Auf dem breiten Spektrum zwischen pedantischer Ordnungsliebe und Messie-Dasein gibt es diverse gemäßigte Zwischenformen der Neigung zum Aufräumen – und das ist auch gut so, wie wissenschaftliche Studien belegen. Denn sowohl geordnete als auch eher chaotische Umgebungen können sich positiv auf uns auswirken.

Weshalb Ordnung wichtig ist

Wie ein Mensch lebt, wie er seine eigene Wohnung einrichtet und entsprechend auch, wie ordentlich er sie hält, liefert eine Menge an Informationen über sein Innerstes. Das Wohnumfeld als Spiegel der Seele zeigt, ob jemand ein „farbenfrohes“ Leben lebt, außerordentlich akkurat ist oder sich gerne auf das Wesentliche kozentriert. Lieblos eingerichtete oder verwahrloste Räumlichkeiten deuten beispielsweise darauf hin, dass der eigenen Psyche dringend mehr Aufmerksamkeit, Liebe und Entwicklung gewidmet werden müssen. In extremen Fällen der Unordnung kann man auf psychische Probleme schließen – so zum Beispiel beim Messie-Syndrom, bei dem Betroffene auch unnütze Dinge wie Joghurtbecherdeckel oder Werbeprospekte zwanghaft sammeln und horten. 

Der Effekt lässt sich aber auch umgekehrt beobachten und nutzen: und zwar indem Aufräumen im Außen dabei hilft, die eigenen Gedanken und Prioritäten zu ordnen und frische Energie für Neues zu bekommen. 

Dass Ordnung sich in vielerlei Hinsicht positiv auf unser psychisches Wohlbefinden und unsere Leistungsfähigkeit auswirkt, zeigen auch diverse Studien. So fanden Forscher der Princeton University heraus, dass Personen in einer unaufgeräumten Arbeitsumgebung an sie gestellte kognitive Aufgaben deutlich schlechter erledigten als solche, die in einem ordentlichen Raum saßen. Weitere Studien weisen darauf hin, dass besonders Frauen auf ein chaotisches, überfülltes Zuhause mit höheren Spiegeln des Stresshormons Cortisol reagieren. Nicht verwunderlicherweise führt besonders Unordnung im Schlafzimmer nachweislich zu schlechterem Schlaf. Und schließlich kann eine sehr unaufgeräumte Umgebung uns sogar dahingehend beeinflussen, dass wir eher zu ungesunden Lebensmitteln wie Süßigkeiten und Fast Food greifen statt zu gesunden Alternativen.

Tipps, wenn Sie mehr Ordnung in Ihrem Leben brauchen

Sind Sie immer wieder frustriert beim Anblick Ihrer vollgestopften Wohnung, können Sie sich dort schlecht konzentrieren oder entspannen und fühlen Sie sich zuhause meist antriebslos? Stört Sie selbst das Chaos an jeder Ecke und würden Sie gerne etwas daran ändern? Dann helfen Ihnen die folgenden Tipps dabei, nach und nach mehr Ordnung zu etablieren.

  • Schritt für Schritt aufräumen: Gerade, wenn Sie sich von Ihrer Unordnung regelrecht erschlagen fühlen, kann sich die Aufgabe des Aufräumens unglaublich schwierig anfühlen. Es hilft, wenn Sie sich kleine Zwischenziele vornehmen: Beginnen Sie beispielsweise zunächst mit dem Aufräumen und Ausmisten einer einzigen Schublade. So haben Sie schnell ein Erfolgserlebnis und sind dadurch vielleicht dazu beflügelt, gleich noch mit weiteren Bereichen fortzufahren. Selbst wenn Sie täglich nur fünfzehn Minuten ins Aufräumen investieren, erreichen Sie so langfristig mehr, als wenn Sie den Start der „großen, überwältigenden Aufräumaktion“ immer wieder vor sich herschieben.
     
  • Das Problem an der Wurzel packen: Schauen Sie genau hin, woran es bei Ihnen liegt, dass ständig Unordnung herrscht. Besitzen Sie einfach zu viele Dinge? Dann entrümpeln Sie (online finden Sie dazu eine Menge praktischer Anleitungen). Misten Sie zwar regelmäßig aus, aber häufen immer wieder mindestens ebenso viel neu an? Dann hinterfragen Sie Ihr Kaufverhalten und überlegen Sie, ob das Anhäufen von Besitztümern für Sie vielleicht eine Ersatzbefriedigung für ein unerfülltes seelisches Bedürfnis darstellt, das Sie auf andere Weise viel besser stillen könnten. Fällt es Ihnen schwer, sich von Dingen mit nostalgischem Wert zu trennen? Es hilft, diese vor dem Entsorgen zu fotografieren. Auf diese Weise können sie weiterhin dazu dienen, bestimmte Erinnerungen wachzuhalten, ohne dass man sie selbst aufbewahren muss. Briefe oder Geschenke aus der Vergangenheit aufzuheben, kann aber auch schmerzen. Vielleicht sollten Sie versuchen, mit einigen alten Themen innerlich abzuschließen – und sich bei der Gelegenheit auch von den damit verbundenen physischen „Souvenirs“ trennen.
     
  • Ordentliche Gewohnheiten entwickeln: Ihr Zuhause ist zwar entrümpelt und platzt nicht aus allen Nähten, doch im Alltag stapelt sich das schmutzige Geschirr im Spülbecken und der Wäschekorb quillt über? Gründe dafür können mangelnde Planung oder schlichtweg Zeitmangel sein. Hier helfen Struktur, Organisation und bewusst fürs Aufräumen reservierte Zeitfenster: Statt wie vielleicht bisher einfach nur „irgendwann zwischendurch“ die Dinge wegzuräumen, gewöhnen Sie sich feste Termine dafür an. Spülen Sie zum Beispiel jeden Abend vor dem Schlafengehen ab, etablieren Sie feste Waschtage und achten Sie darauf, Objekte nach deren Nutzung wieder an ihren festen Platz zurückzuräumen (Schere, Klebeband, Geschenkpapier etc.). Wenn Sie regelmäßig der Ordnung ein bisschen Zeit widmen, müssen Sie auch weniger häufig „ganz viel auf einmal“ bewältigen – und fühlen sich weniger überfordert. 

„Kreatives Chaos“ – die andere Seite der Medaille

Bei all den Vorteilen, die eine aufgeräumte Umgebung mit sich bringt, ist sie jedoch nicht die beste Wahl für alle Situationen (oder Menschen). Denn mehrere Studien kommen zu dem Ergebnis, dass Personen, die in einer unordentlichen Umgebung neue Ideen entwickeln sollen, dabei wesentlich kreativere Ergebnisse erzielen. Offenbar regt das äußere Chaos dazu an, sich von Traditionen zu lösen, nonkonformistischer zu denken und sich abenteuerlustiger zu verhalten. Zudem erweisen sich einige Ordnungssysteme in der Praxis eher als Zeitfresser: So haben Forscher beispielsweise herausgefunden, dass über die normale Suche-Funktion in einem Mail-Posteingang E-Mails wesentlich schneller wiedergefunden werden, als wenn man sie mühevoll in Unterordner einsortiert und dort nach ihnen sucht. Außerdem fungiert laut Wissenschaftlern ein voller Schreibtisch als Gedächtnisstütze, was noch alles zu tun ist – während ein leerer Schreibtisch keinerlei Informationen vermittelt. 

Diese Argumente sind natürlich nicht hinreichend, um nur noch das absolute Chaos walten zu lassen. Ab einem gewissen Punkt der Unordnung überwiegt der Stress der unübersichtlichen Umgebung sicherlich vor der kreativen Inspiration. Und auch schöpferisches Arbeiten braucht ein gewisses Maß an Strukur: Es gibt „wilde“ Ideenphasen, in denen es gerne chaotisch zugehen darf, die dann aber von strukturierten Fleißphasen abgelöst werden müssen, beispielsweise um die große Romanidee Seite für Seite in Worte zu fassen. Gerade kreativ arbeitende Menschen sollten aufgrund dieser Zusammenhänge jedoch nicht dazu gezwungen werden (oder sich selbst dazu zwingen), einen penibel aufgeräumten Schreibtisch vorzuweisen. Denn tatsächlich kann sie das in ihrer schöpferischen Phase hemmen. Entsprechend waren und sind auch viele kreative Denker und Künstler bekennende Chaoten, zum Beispiel Albert Einstein, Sigmund Freud oder J. K. Rowling. 

Tipps, wann Sie mehr Raum für Unordnung zulassen sollten

Ab einem gewissen Punkt kann Ordnungsliebe übermäßig rigide oder zwanghaft werden. Verbringen Sie (vielleicht sogar täglich) extrem viel Zeit damit, Ihre Wohnung zum Strahlen zu bringen? Können Sie sich nicht entspannen, wenn Sie wissen, dass noch eine benutzte Kaffeetasse auf dem Tisch steht? Führt Ihre Ordnungspräferenz vielleicht sogar dazu, dass Sie sehr hart mit unordentlicheren Zeitgenossen ins Gericht gehen? Die folgenden Tipps zeigen, wie und warum Sie ruhig ein klein wenig Chaos zulassen dürfen.

  • Ab und zu fünfe gerade sein lassen: Wahrscheinlich sind Sie ein perfektionistischer Mensch, der Fehler um jeden Preis vermeidet und – auch vor den Augen anderer – immer makellos erscheinen will. Machen Sie sich jedoch klar, dass nur wenige Menschen ebenso hohe Ansprüche haben wie Sie und dass niemand für ein wenig Unordnung auf dem Wohnzimmertisch mit Ihnen so hart ins Gericht gehen würde wie Sie selbst. Außerdem gibt es keine 23-Uhr-Inspektion. Lassen Sie mal was bis zum nächsten Tag liegen. Sie müssen nicht rund um die Uhr „funktionieren“ und sich die ganze Zeit vorbildlich verhalten! Gönnen Sie sich immer mal wieder Pausen, in denen Sie entspannen, spielen oder gar „in den Tag hineinleben“ – und dabei keine Pflichten erfüllen müssen.  
     
  • Mut und Flexibilität entwickeln: Wer sehr viel Ordnung braucht, um sich wohlzufühlen, ist außerdem meist sicherheitsorientiert und mag es, wenn Dinge vorhersehbar sind. Während dies per se natürlich keine schlechten Eigenschaften sind, kann extreme Ordnungsliebe jedoch auf ein (zu) stark ausgeprägtes inneres Kontrollbedürfnis hinweisen. Erforschen Sie, in welchen Lebensbereichen Ihnen etwas mehr Spontaneität guttun würde und was Sie sich gegebenenfalls nicht trauen – aus Angst, die Situation nicht kontrollieren oder planen zu können. Fragen Sie sich: "Was kann Schlimmes passieren, wenn ich nicht sofort aufräume?" – und probieren Sie es einmal aus. Sie werden merken, dass der Haushalt (und das Leben) auch zu bewältigen ist – und sogar mehr Spaß machen kann –, wenn Sie nicht alle Prozesse aktiv lenken. 
     
  • Toleranz mit sich selbst und anderen aufbauen: Es kann gut sein, dass sich Ihre pedantische Art auch auf Ihre sozialen Beziehungen auswirkt: Wer glaubt, es gebe nur den einen richtigen Weg, eine Spülmaschine einzuräumen, der erwartet oft nicht nur von anderen, es ihm gleichzutun – sondern der neigt wahrscheinlich auch bei anderen Themen zum Schwarz-Weiß-Denken und hat potentiell Schwierigkeiten damit, andere Meinungen oder Herangehensweisen zu akzeptieren, vor allem, wenn sie stark von den eigenen Vorstellungen abweichen. Arbeiten Sie aktiv daran, auch in Ihren Augen „Unperfektes“ im Haushalt zuzulassen, zum Beispiel indem Sie Ihrem Partner oder Mitbewohner gestatten, auf seine Art die Küche zu putzen oder seine Dinge nach eigenem System wegzuräumen (oder auch liegen zu lassen). Das erfordert viel zwischenmenschliche Großzügigkeit, die Sie auf diese Weise hervorragend trainieren können. 

Das Beste aus beiden Welten

Wie so oft im Leben ist auch beim Thema Ordnung vs. Chaos der goldene Mittelweg die richtige Wahl. Während eine ordentliche Umgebung unserem gesellschaftlichen Ideal entspricht und tatsächlich in vielen Fällen für mehr Konzentration und Entspannung sorgen kann, hat auch ein gewisses Chaos eine stimulierende Wirkung auf unser Gehirn, besonders wenn es um kreatives Out-of-the-box-Denken geht. Jeder Mensch neigt wahrscheinlich mehr in die eine oder andere Richtung – und spiegelt somit seine innere Ausrichtung in seinem Verhalten wider. Solange wir dabei nicht in Extreme verfallen, die uns selbst und unseren Mitmenschen das Leben schwermachen, ist daran nichts auszusetzen. Finden Sie Ihren persönlichen „sweet spot“ zwischen den beiden Polen und denken Sie daran, dass wir sowohl Ordnung als auch Chaos brauchen – zum Planen und zum Erschaffen, für Sicherheit und für Neugierde. 

 

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