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Getrieben oder träge – wie wir unseren Ehrgeiz regulieren können

Getrieben oder träge – wie wir unseren Ehrgeiz regulieren können

Ragnhild Struss

Was fördert Ehrgeiz und was bremst ihn? Woran liegt es, wenn jemand vermeintlich gar keinen Ehrgeiz hat – oder aber zu viel des Guten? Ragnhild Struss geht den Ursachen für einen mehr oder weniger stark ausgeprägten Ehrgeiz auf den Grund und erklärt, wie man ihn gezielt beeinflussen kann.

Weil eine hohe Ausprägung an Ehrgeiz mit positiv konnotierten Eigenschaften wie Disziplin, Durchhaltevermögen, Geduld und Fleiß einhergeht, liegt die Assoziation mit Erfolg – wie im ersten Teil des Artikels beschrieben – auf der Hand: Ehrgeiz fördert Motivation zu Höchstleistung und sorgt dafür, dass angeborene Talente entwickelt und persönliche Ziele erreicht werden können.

Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Zwar bestehen gesellschaftliche Vorstellungen davon, wer als erfolgreich gilt und wer nicht, gleichzeitig ist „Erfolg“ auch eine Frage der individuellen Definition. Die allgemein herrschenden Überzeugungen müssen nicht der Maßstab für Ihre eigene Definition des Erfolgs-Begriffs sein. Um sich diesem zu nähern, fragen Sie sich einmal selbst: „Welche Bedeutung hat Erfolg in meinem Leben? Was verstehe ich persönlich unter Erfolg? Wann habe ich das Gefühl, erfolgreich zu sein? Was ist in meinen Augen ein erfolgreicher Mensch, ein erfolgreicher Tag, ein erfolgreiches Leben?“ 

Für die einen ist Erfolg an Karriereschritte, Gehaltsstufen, Status und Macht gekoppelt, für andere kann Erfolg bedeuten, ein liebevoller Vater zu sein, eine empathische Chefin oder auch ein leidenschaftlicher Tortenbäcker, Sänger oder Minigolfer. Erfolg hat viel mit Erfüllung zu tun – mit der Erfüllung wichtiger Träume, der Erfüllung von Aufgaben oder Pflichten und auch damit, erfüllt zu sein vom eigenen Tun.

Ursachenforschung

Nachdem Sie festgestellt haben, dass Sie insgesamt zu wenig Ehrgeiz an den Tag legen – oder aber auf der anderen Seite der Skala zu verorten sind und von zu viel Ehrgeiz getrieben sind, gilt es, sich der Ursachenforschung zu widmen. Um den Gründen für Ihre persönliche Ehrgeizausprägung auf den Grund zu gehen, empfiehlt sich neben der generellen Selbstreflexion der Blick in die Vergangenheit, denn bereits in der Kindheit werden die Anlagen für unseren Ehrgeiz geschaffen.

Woran liegt es, wenn wir zu viel Ehrgeiz haben?

Anders als man vielleicht vermuten würde, liegt die übermäßige Ausprägung von Ehrgeiz häufig in einem mangelnden Selbstwertgefühl begründet. Wenn dieses allein über Leistung und Anerkennung von außen aufrechterhalten werden soll, gerät der Einsatz oft außer Kontrolle und schießt über das Ziel hinaus. Dahinter liegt der Glaubenssatz oder die Angst, dass das, was man tut, gibt oder ist, nicht ausreichen könnte, weshalb man noch mehr tun, geben, erreichen und sein muss. Menschen, die durch blinden Ehrgeiz nach Anerkennung suchen, haben sich als Kind nicht selten nach Akzeptanz gesehnt, die sie gefühlt nicht erhalten haben. Ehrgeiz ist in diesem Fall eine Kompensationsstrategie, um den inneren Mangel aufzufüllen bzw. nicht spüren zu müssen, um nicht mit der eigenen Fehlerhaftigkeit und Begrenztheit konfrontiert zu werden. Hieraus entsteht häufig großer innerer Druck, der mit dem Anspruch verbunden ist, Herausragendes leisten bzw. erreichen zu müssen und dazu führt, dass man sich weder Pausen noch „leistungsfreie“ Zeit gönnen kann. 

Übersteigerter Ehrgeiz kann auch die Folge zu großen Wettbewerbs- oder Konkurrenzdenkens sein. Wer in seiner Kindheit häufig mit anderen verglichen wurde und den Eindruck hatte, dass besonders die Erfolge der Freunde oder Schulkamerad*innen die Anerkennung der Eltern gewannen, misst seinen Wert oft im Erwachsenenalter noch am Übertrumpfen seines Umfeldes. Das Problem dabei ist: Das Vorhaben der Selbstwertaufwertung gelingt nicht durch das Hinter-sich-lassen der anderen, denn das eigentliche Bedürfnis ist die Anerkennung durch primäre Bezugspersonen und ultimativ durch sich selbst. 

Eine andere Ursache für ungesunden Ehrgeiz ist darin zu finden, dass bereits früh andere Lebensbereiche, die nichts mit Leistung und Erfolg zu tun haben, vernachlässigt wurden. Dadurch hat sich der Fokus immer mehr auf den Bereich verschoben, in dem heute zu viel Ehrgeiz festgestellt wird. Wenn im Elternhaus beispielsweise schulische Leistungen, Noten oder sportliche Erfolge als Maß dafür genommen wurden, wie sehr sich das Kind angenommen gefühlt hat, verstärkt das den Einsatz auf diesen Gebieten, in dem Wunsch, für seine erbrachten Leistungen immer mehr Anerkennung und Zuneigung zu erhalten. Im Erwachsenenalter kann sich dieses Muster fortsetzen und durch extreme Ambition oder Arbeitssucht äußern. 

Woran liegt es, wenn wir zu wenig Ehrgeiz haben?

Ein Grund für mangelnden Ehrgeiz kann in einer geringen Selbstwirksamkeitserwartung liegen. Wer nicht davon überzeugt ist, dass er ein Ziel erreichen kann, wird sich auch nicht anstrengen oder überhaupt auf den Weg machen. In ähnliche Richtung, jedoch mit extremerer Ausprägung, geht das Konzept der „erlernten Hilflosigkeit“, das die Überzeugung beschreibt, keinen Einfluss auf das eigene Leben zu haben oder die Fähigkeit zur Veränderung der eigenen Lebenssituation verloren zu haben. In beiden Fällen spielt mangelndes Selbstvertrauen eine Schlüsselrolle für fehlenden Ehrgeiz. 

Dass jemand keinen Ehrgeiz zeigt, kann auch daran liegen, dass er oder sie nicht gelernt hat, sich durchzubeißen und Hürden zu überwinden. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn dem Kind alles abgenommen oder leicht gemacht wurde, also der eigene Beitrag zur Zielerreichung gering oder nicht spürbar war. 

Keine Leistungsausdauer erlernt zu haben, kann auch daran liegen, dass dem Kind einfach alles leichtgefallen ist und es nie nötig war, sich richtig anzustrengen, um etwas Neues zu lernen oder zu erreichen. Wird dann später die Erfahrung gemacht, dass eine Aufgabe doch nicht so leicht zu erfüllen oder ein Ziel doch nicht so schnell zu erreichen ist, kommt Frust auf. Die Erfahrung, dass es dazugehört, Fehler zu machen, zu scheitern, es wieder zu probieren und sich allmählich in seiner Leistung zu steigern, wurde in der Vergangenheit zu selten gemacht, was im Erwachsenenalter zu mangelnder Disziplin für die Langstrecke führen kann.

Auch aus einer anderen Richtung können Kindheitserfahrungen prägend für die Entwicklung von Ehrgeiz sein, nämlich wenn früh erlebt wurde, dass „ehrgeizig sein“ nicht gefördert oder belohnt, sondern sogar bestraft wird. Wenn Menschen intrinsisch motiviert sind, Neues zu lernen, verstehen, Fähigkeiten beherrschen und in etwas gut sein zu wollen, werden sie vermutlich Freude am Lernen entwickeln und ihre Leistung oder ihr Wissen stetig ausbauen. Negatives Feedback von außen kann sich diese Entwicklung bremsen: Hänseleien wie „Streber!“ oder „Klugscheißer“ sitzen tief und können zu dem inneren Beschluss führen: „Wenn ich dazugehören will, darf ich nicht ehrgeizig sein oder bessere Leistungen erbringen als andere.“ Das kann zur Folge haben, dass der ehemals gesunde Ehrgeiz so stark unterdrückt wird, dass die Person im Verlauf des Lebens vermeintlich ehrgeizloses Verhalten an den Tag legt.

Leistung, Einsatz und Erfolge werden in einer Leistungsgesellschaft gefördert und anerkannt. So kann der Widerspruch zwischen ihren Anforderungen und der persönlichen Erfahrung, für genau dieses Verhalten sanktioniert oder ausgegrenzt zu werden, zu dem inneren Konflikt zwischen „ich muss leisten“ und „ich darf nicht leisten“ führen, der wiederum Blockaden im Handeln zur Folge hat. 

Vielleicht fehlt es Ihnen aber auch an Motivation und Ehrgeiz, weil Sie „falschen Zielen“ hinterherjagen – und deswegen eben nur mit gebremstem Elan vorgehen. Eventuell entspricht das Ziel, das Sie wieder und wieder nicht erreichen, eben gar nicht Ihren persönlichen Vorlieben oder Plänen. Vielleicht denken Sie, Sie müssten diesen Abschluss, diesen Karriereschritt oder diese Gehaltsstufe erreichen, dabei fühlen Sie sich auf Ihrer Position eigentlich wohl und würden Ihr Engagement viel lieber in die Ausübung Ihrer musikalischen Leidenschaft in der Freizeit stecken? 

Wenn es Ihnen schwerfällt, Entscheidungen zu treffen, neue Projekte anzugehen oder sich aus Ihrer Komfortzone herauszubewegen, können auch Ängste im Hintergrund hemmend wirken. Was dann auf den ersten Blick aussieht wie mangelnder Ehrgeiz, ist eigentlich die Angst zu versagen, nicht gut genug zu sein, ausgeschlossen zu werden, auf Ablehnung zu stoßen oder nicht mithalten zu können. In der Konsequenz führen diese Sorgen dazu, dass es gar nicht erst versucht wird. Typisch sind Aussagen wie: „Ach, auf die Stelle brauche ich mich gar nicht zu bewerben, da habe ich sowieso keine Chance.“ Weil die Angst, eine Absage zu erhalten und damit eine Art der Zurückweisung zu erleben, so groß ist, probiert man es lieber gar nicht erst, um sich vor dieser schmerzhaften Erfahrung zu schützen. Negative innere Überzeugungen und ein schlechtes Selbstwertgefühl tun dann ihr Übriges. Langfristig schadet dieses Verhalten allerdings mehr als dass es schützt, denn man verbaut sich selbst die Möglichkeit, positiv überrascht zu werden, Chancen zu ergreifen und Erfahrungen zu machen, die die eigenen Ängste und Sorgen widerlegen.

Tipps, mit denen sich das Maß an Ehrgeiz verändern lässt

Wie stark unser Ehrgeiz ausgeprägt ist, ist nicht unveränderbar. Ehrgeiz als Eigenschaft, die sich auf unser Verhalten auswirkt, lässt sich trainieren und regulieren – diese Tipps helfen dabei.

Was Sie tun können, um übertriebenen Ehrgeiz zu bändigen:

1. Fokus verändern

Vom Objekt Ihres Ehrgeizes rauszoomen und den ganzen Bildausschnitt betrachten: Was gibt es noch in Ihrem Leben, was Ihnen wichtig ist, abgesehen von dem angesteuerten Ziel, auf das sich Ihr Ehrgeiz richtet (z. B. Beförderung, sportlicher Erfolg, Hochschultitel)? Welche anderen Lebensbereiche könnten mehr Aufmerksamkeit verdienen? Wie steht es um Beziehungen, Hobbys, Freizeit?

2. Motivation klären

Fragen Sie sich: Warum ist mir dieses Ziel so wichtig? Wozu will ich unbedingt diese Position erreichen? Was erhoffe ich mir davon? Bei Zielen geht es im Grunde genommen nie um die Sache, sondern immer um ein Gefühl oder ein Ich-Erleben, was wir damit produzieren wollen. Finden Sie heraus, welches Bedürfnis hinter Ihrem Ziel liegt, das möglicherweise auf anderem Weg erfüllt werden kann – z. B. der Wunsch nach Verbundenheit, Zugehörigkeit, Angenommensein. Gehen Sie dabei ruhig ein bisschen zurück in Ihrer Geschichte. Denn Ehrgeiz als Kompensationsmechanismus nimmt selbstsabotierende Züge an. Fragen Sie sich nach der Sehnsucht hinter dem Bedürfnis nach Anerkennung für Leistung.

3. Scheitern lernen

Wer extrem ehrgeizig ist, tut sich oft schwer damit, einmal nicht Erster, Bester oder gar Letzter zu sein. Daher: Lernen Sie, Letzter zu sein! Üben Sie sich in Bereichen außerhalb Ihres Ehrgeizfeldes im Verlieren, lernen Sie, zu scheitern. Z. B. indem Sie sich neuen Herausforderungen auf einem Gebiet stellen, in dem Sie bisher völlig unerfahren sind. Erlauben Sie sich, wieder Anfänger zu sein und widmen Sie sich Tätigkeiten, ohne das Ziel zu haben, darin unbedingt gut und erfolgreich werden zu müssen. Das kann ebenso gut Bowling sein wie das Erlernen einer Programmiersprache oder kreative Tätigkeiten wie malen oder stricken. Finden Sie heraus, in welchen Bereichen Sie auch mal Fünfe gerade sein lassen und sich sagen können: „Egal, ich lass das jetzt so!“ Was Sie hier an Erfahrung lernen, wird sich auch auf die Bereiche Ihres Lebens auswirken, in denen Sie zu viel Ehrgeiz zeigen.

4. Schlussstrich ziehen

Während man manche Menschen eher zu Leistung antreiben muss, müssen Sie gebremst werden. Gehören Sie zu denen, die nicht aufhören können? Die kein Ende finden, wenn sie etwas angefangen haben? Es geht immer „noch mehr“, „noch besser“? Dann geraten Sie leicht in die Suchtfalle des Erfolges. Hier können Ihnen klare Strukturen helfen, die die mangelnde Willensenergie fürs Aufhören und Gut-sein-Lassen ersetzen: Erklären Sie Absichten für Zeiten, in denen Sie bestimmten Aufgaben oder Tätigkeiten nachgehen – und halten Sie sich daran. Wenn die Zeit abgelaufen ist, legen Sie das Projekt beiseite und widmen sich etwas anderem, was nichts mit Leistung oder Zielen zu tun hat. Ziehen Sie bewusst einen Schlussstrich unter Aufgaben, Erledigungen und einzelne Schritte Ihres Weges zum angestrebten Ziel.

5. Konkurrenzkampf beenden

Mit übermäßig ausgeprägtem Ehrgeiz geht häufig ein starker Konkurrenzdruck einher. Ziel ist es, besser, schneller, schlauer, schöner, erfolgreicher zu sein als andere. Um aus diesem Kreislauf auszusteigen, besinnen Sie sich auf Ihre Werte abseits der Leistungsfelder. Bindungsfähigkeit, Empathie und Authentizität sind Fähigkeiten, die vielleicht wertvoller sind als Abschlüsse, Zahlen oder Noten. 

6. Mehr spielen

Durch kreative, spielerische Tätigkeiten, bei denen es allein um die Freude am Tun geht, können Sie lernen, wieder mehr Leichtigkeit in Ihr Leben zu integrieren und somit einen Ausgleich zu leistungsbezogenen Kontexten schaffen. Geben Sie sich selbst die Erlaubnis für mehr Zeit zum Spielen. Sie werden spüren, wie befreiend es sein kann, mal wieder herumzualbern, sich lächerlich zu machen und nicht alles zu ernst zu nehmen.

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Wie Sie Ihren Ehrgeiz entwickeln oder steigern können:

1. Herausfinden, was Sie wollen

Ehrgeizige Menschen wissen genau, wofür Sie die Mühen aufbringen und Verzichte in Kauf nehmen, sie haben ein Ziel, das sie motiviert. Der Anfang auf dem Weg zur Entwicklung Ihres Ehrgeizes ist demnach, sich zu fragen, was Ihr Ziel ist. Was wollen Sie im Leben erreichen? Wovon träumen Sie (vielleicht heimlich, ohne es laut auszusprechen)? Was wollten Sie schon immer mal tun? Wie möchten Sie eines Tages auf Ihr (Berufs-)Leben zurückblicken? Wer wollen Sie gewesen sein? Dazu gehört dann auch, die Ziele loszulassen oder zumindest zu verändern, die derzeitig nicht zu ihnen passen, sprich keine Antwort auf die eben gestellten Fragen darstellen.

2. Energieräuber und innere Gegenspieler identifizieren

Ebenso wie eine „hin-zu-Motivation“ den Ehrgeiz fördert, kann eine „von-weg-Motivation“ den inneren Motor anwerfen. Welchen Zustand möchten Sie nicht mehr erleben oder fühlen? Welche Schritte müssen Sie dafür einleiten? Zur Förderung des inneren Antriebs ist es wichtig, genug Kraft zur Verfügung zu haben. Deshalb finden Sie möglichst präzise heraus: „Was raubt mir in meinem Leben – sowohl äußerlich als auch innerlich – Energie? Welche Umstände oder inneren Stimmen sind Ehrgeizhürden? Wie müsste ich sie verändern, damit ich Kraft und Lust zur Veränderung habe, die sich dann in Ehrgeiz ausdrücken können?

3. Negativität vermeiden

Ehrgeiz wird durch negative Einstellungen häufig bereits im Keim erstickt. Achten Sie darauf, Ihre Vorhaben positiv und gestaltend zu formulieren. Anstatt zu sagen „Ich habe keinen Bock.“ Fragen Sie sich lieber „Wie könnte es mir Spaß machen?“ Das Unbewusste kann außerdem keine Negation verarbeiten. Wenn Sie also sagen „Ich will auf keinen Fall Letzter sein.“ nimmt Ihr Gehirn den Befehl „Letzter sein!“ als Auftrag. Sagen Sie stattdessen: „Ich gebe mein Bestes, um einen guten Platz zu belegen.“

4. Konkrete Ziele verfolgen

Das Ziel muss möglichst konkret sein. Sich vorzunehmen, „öfter Sport zu machen“, ist ein Vorhaben, das in der Regel scheitert. Erfolgversprechender wäre der Vorsatz: „Von heute an gehe ich jeden Sonntag um 19 Uhr eine Runde um den Wall joggen.“ Das Ziel, mehr Sport zu machen, ist hier inkludiert, gleichzeitig haben Sie aber einen konkreten Plan vor Augen, wie Sie dieses Ziel erreichen können. Das erhöht die Chancen auf die Umsetzung, denn die wichtigsten Fragen, die Sie vom Handeln abhalten könnten (Was genau? Wann? Wo? Ab wann?) sind mit dieser Zielformulierung bereits beantwortet. Prinzipiell hilfreich für die Definition von Zielen ist auch die sogenannte SMART-Methode, nach der Ziele „spezifisch“, „messbar“, „attraktiv“, „realistisch“ und „terminiert“ sein sollen. 

5. Erreichbare Ziele setzen

Vielleicht mangelt es Ihnen an Ehrgeiz, weil die Ziele, die Sie – bewusst oder unbewusst – im Kopf haben, zu hochgesteckt und zu schwer zu erreichen sind, was zu Demotivation und vorschnellem Aufgeben führen kann. Um am Ball zu bleiben und Erfolge feiern zu können, sollten Sie sich unbedingt – zumindest für den Anfang – Ziele setzen, deren Erreichbarkeit Sie für wahrscheinlich halten. Um beim Sport zu bleiben, könnten Sie, statt wie in Punkt 4 formuliert, anfangen mit dem Vorhaben: „Heute Abend gehe ich um 19 Uhr eine Runde um den Wall joggen.“ Vielleicht können Sie sich noch nicht vorstellen, von nun an wirklich jede Woche laufen zu gehen, aber heute, dieses eine Mal … das ist auch für Sportmuffel machbar. 

6. Klein anfangen, um ins Handeln zu kommen

Beginnen Sie mit kleinen Schritten und Zielen, bei denen Sie optimistisch sind, dass Sie sie erreichen können. So verringern Sie die Hürde durch Überforderung und ermöglichen sich stattdessen das schöne Gefühl von Stolz, weil Sie Ihre Ziele nach und nach erreichen. Durch die Erfahrung vieler kleinerer Erfolge, entwickeln Sie immer mehr Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten und den Ehrgeiz, noch weitere oder höhere Ziele zu erreichen. Betrachten Sie jeden Schritt auf den Weg zu Ihrem großen Ziel, z. B. den Job zu wechseln, als Meilenstein. Der erste Schritt könnte beispielsweise lauten: „Liste mit interessanten Tätigkeiten erstellen“ oder „Stellenausschreibungen in Online-Jobbörsen abonnieren“. Ist dieser Schritt getan, werden Sie nicht nur neuen Input für Ihre Recherche bekommen, sondern auch durch konkrete Stellenangebote motiviert werden, die nächsten Maßnahmen einzuleiten. 

7. Zielzustand visualisieren

Malen Sie sich möglichst bunt und konkret aus, wie Ihr Leben aussieht und vor allem wer Sie sind, wenn Sie Ihr Ziel erreicht haben. Wie werden Sie sich fühlen, wo werden Sie sein, wie wird Ihr Umfeld aussehen, was werden Sie tun, was werden Sie sagen, wer wird bei Ihnen sein? Versetzen Sie sich gedanklich in die Situation von in drei Monaten, wenn Sie die erste Etappe erreicht haben werden. Oder träumen Sie sich ein Jahr in die Zukunft, wenn Sie das fertige Buch, das Sie schreiben wollen, in den Händen halten, wenn Sie den Job, den Sie ausüben wollen, gefunden haben, wenn Sie die Beziehung, die Sie sich wünschen, leben. Um motiviert zu sein, müssen wir uns vorstellen können, dass das, was wir tun, sich lohnen wird, und das geht am besten über innere Bilder. Lassen Sie Ihrer Fantasie freien Lauf und erlauben Sie sich, zu träumen. 

8. Selbstwirksamkeitserwartung stärken

Studien mit Schüler*innen zeigen, dass der gezielte Aufbau von Selbstwirksamkeitserwartungen zu höherer Motivation, höherer Leistung und, so kann man schlussfolgern, auch zu einem wachsenden Ehrgeiz führen kann. Sie können lernen, Ihre Selbstwirksamkeitserwartung zu entwickeln, indem Sie Punkt 5 und 6 befolgen. 

9. Frustrationstoleranz entwickeln

Wir bekommen nicht immer alles, was wir wollen, und nicht alles, was wir angehen, gelingt. Wer diese Wahrheit nur ungern zulässt und schwer akzeptieren kann, dass Scheitern zum Leben gehört, hat vermutlich keine gesunde Frustrationstoleranz entwickelt. Bei Rückschlägen und Misserfolgen bricht dann schnell eine ganze Welt zusammen, in extremen Fällen schmeißt man gleich das ganze Vorhaben hin und fängt auch nichts Neues mehr an, was dann wie mangelnder Ehrgeiz aussehen kann. Um Frustrationstoleranz zu entwickeln, müssen Sie lernen, die mit dem (gefühlten) Scheitern verbundene Frustration auszuhalten – und danach weiterzumachen. Wenn Sie also das nächste Mal genervt, niedergeschlagen oder frustriert sind, weil etwas nicht so funktioniert hat, wie Sie es sich vorgestellt haben: Geben Sie dem Gefühl Raum, lassen Sie es da sein, und am nächsten Tag versuchen Sie es von Neuem. „Jeden Tag ist Welturaufführung!“ kann ein hilfreicher Glaubenssatz sein.

10. Buddy-System etablieren

Im Falle eines kleinen Hängers, Motivationstiefs oder Ehrgeizeinbruchs von Freunden, Bekannten oder Arbeitskolleg*innen mitgerissen zu werden, kann den eigenen Ehrgeiz beflügeln. Wollen Sie z. B. eine Weiterbildung durchlaufen, überlegen Sie sich, wen aus Ihrem Umfeld Sie für den gleichen Kurs begeistern können, um sich dann gegenseitig im Ehrgeiz zu befeuern. 

11. Teilerfolge feiern und belohnen

„Wer arbeiten kann, muss auch feiern können“ – oder zumindest wertschätzen, was er oder sie geleistet hat. Dabei zählt nicht nur der große Erfolg oder das erreichte Ziel, sondern ebenso das Bemühen, der Einsatz, die erste kleine Hürde oder ein einzelner Schritt. Viel zu oft übersehen wir, welchen Aufwand wir bereits investiert haben, bevor das eigentliche Ziel erreicht ist, und berauben uns dadurch einer wichtigen Motivationsquelle. Daher: Geben Sie sich die Erlaubnis, auch kleine Meilensteine gebührend zu würdigen und immer wieder stolz auf sich zu sein. Legen Sie sich ein Mindset zu, was das Wachstum, statt nur das Ziel in den Vordergrund stellt und belohnen Sie sich mit Kleinigkeiten für Ihren Fortschritt.

Fazit

Ehrgeiz ist förderlich und erstrebenswert, sofern sich die Ausprägung in gesunden Grenzen bewegt. Sowohl ein „zu viel“ als auch ein „zu wenig“ kann hingegen im eigenen Fortkommen bremsen oder sogar negative Auswirkungen auf Gesundheit und Sozialleben haben. Bei aller Zielstrebigkeit und Motivation ist es lohnenswert, sich hin und wieder daran zu erinnern, dass ein gelungenes Leben aus so viel mehr besteht als Erfolg und Leistung. Es wird nicht allein über das definiert, was wir erreicht haben – und was überhaupt als Erfolg gilt, liegt in der persönlichen Entscheidung eines jeden einzelnen. Produktivität ist nur ein Bereich von vielen, der zu einem erfüllten und zufriedenen Leben beiträgt, noch bedeutender ist die Übereinstimmung mit den eigenen Werten und Bedürfnissen sowie gelingende Beziehungen – zu uns selbst und anderen.

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