Verdammt, bin ich ein*e Peter? Wenn dich dein Erfolg überfordert

von Anna Schmitz
Verdammt, bin ich ein*e Peter? Wenn dich dein Erfolg überfordert
An sich kein Problem: mit etwas zu starten, und dann klappt es erstmal nicht. Um dort zu sein, wo du bist, nämlich in der Führung, muss dir das schon häufiger passiert sein. Denn genau dort, an der Schwelle vom Unvermögen zum nächsten Schritt, findet Wachstum statt. Und von diesen Wachstumsschritten bist du schon einige gegangen. Doch langsam verändert sich etwas: als Auszubildender, Studentin oder Berufsanfängerin darf man Fehler machen, Zeit brauchen, und kann mit geringen Opportunitätskosten von getroffenen Entscheidungen abrücken. Nun aber bist du Managerin oder Manager. Das bist du nicht ohne Grund geworden, deine Fachkompetenz hat dich an diesen Punkt gebracht, ganze Strukturen hängen von deinen Entscheidungen ab, die neue Gehaltsklasse gefällt dir auch ganz gut und dein Selbstbild entspricht mittlerweile der Hierarchieebene, die in deinem Unternehmen einen hohen Status genießt.
Doch da hat sich noch mehr verändert. Während du früher gerne zur Arbeit gegangen bist und vor Ideen gesprüht hast, rennst du heute von einem Termin zu dem nächsten. Das, wofür du brennst, findet schon lange nicht mehr in deinem Alltag statt, stattdessen führst du herausfordernde Personalgespräche mit Kollegen und Kolleginnen, mit denen du früher zusammen die Mittagspause verbracht hast. Neben all den Vorzügen, die deine Rolle mit sich bringt, erlebst du auch Schwierigkeiten und die machen es dir schwer, deinen Anspruch zu erfüllen. Und wenn du ehrlich bist, erfüllst du auch den Anspruch an die Stelle nicht.
Auch wenn es sich so anfühlt, als seist du in einer Situation, die du nicht ohne Gesichtsverlust verlassen kannst, versichern wir dir, dass hierin eine riesige Chance liegt. Das Peter-Prinzip ist kein persönliches Versagen, sondern ein systemisches Phänomen, das Aufstieg ohne Vorbereitung abbildet. Entscheidend ist jetzt, es zu erkennen – und die eigene Entwicklung bewusst zu gestalten, statt durchzuhalten. Du hast also in deiner aktuellen Situation die Möglichkeit, zum Vorbild und zum Thought Leader zu werden. Wir stiften Klarheit mit unserem Self-Assessment und zeigen dir zwei Wege auf, wie du dich wieder authentisch bei der Arbeit fühlen kannst.
Self-Assessment: Typische Anzeichen, dass du ein*e Peter bist:
- Du kannst Symptome von Dauerstress an dir beobachten: Schlafprobleme, unregelmäßige Mahlzeiten, Krankwerden im Urlaub, Zähneknirschen, ständige Betriebsamkeit, dauerndes Mailchecken, Interessensverlust, Vernachlässigung von Sportroutinen, Erschöpfung, Dünnhäutigkeit
- Mikromanagement, Kontrollzwang
- Vermeidung von konfliktbehafteten Gesprächen
- Überstunden
- Das Gefühl, der Rolle nicht gewachsen zu sein und eine Unzufriedenheit mit der eigenen Arbeit
- Sehnsucht nach alten Aufgabenbereichen
- Störgefühle im Umgang mit Mitarbeitern
- Ausagieren deiner Machtposition ohne fachlichen Unterbau
Wege heraus: Lernkurve statt Leistungsdruck in fünf Schritten
- Selbsterkenntnis und Selbstdiagnose: Beobachte dich so weit wie möglich, ohne dich selbst zu bewerten für einen fest definierten Zeitraum: Zum Beispiel zwei Wochen. Schreibe dir jeden Abend auf, wobei du dich unwohl gefühlt hast, was Stress auslöst und wann du dich wenig Kompetent gefühlt hast. Auch Tätigkeiten, die dir fehlen, kannst du in dieser Zeit vermerken.
- Ehrliches Feedback einholen: Wende dich auf Peer- oder auf Vorgesetztenebene an eine Person deines Vertrauens. Offenbare deine Erkenntnis, dass du dich noch weiter in die Führungsrolle hineinentwickeln möchtest und bitte sie um ein ehrliches Feedback. Um dieses kannst du deine eigenen Beobachtungen ergänzen.
- Entwicklungsziele definieren: Mittlerweile sollte relativ klar sein, was du verändern möchtest. Mit deiner vorgesetzten Person definierst du, wie eine erfolgreiche Veränderung aussähe und vielleicht besprecht ihr auch zusammen, welche Veränderungen von dir priorisiert werden sollte.
- Entwicklungsschritte konkret formulieren: Was braucht es, um deine Ziele zu erreichen? Eine Weiterbildung, einen Master oder die autodidaktische Lektüre von Managementratgebern? Plane die Integration der ersten Maßnahme für das erste halbe Jahr.
- Feedbackschleifen in den Prozess integrieren: Sei der/die erste, der/die offen mit Peers über Management-Fails spricht und damit eine neue Fehler- und Austauschkultur etabliert. Lass dich extern coachen und bespreche Etappenziele mit deinem oder deiner Vorgesetzten.
Wege zurück: ein Tabu, das sich zu brechen lohnt
Du kannst auch Verantwortung ohne Führung tragen. Tatsächlich ist es so: wenn dir Führung nicht leichtfällt, kommst du faktisch mehr Verantwortung nach, wenn du sie abgibst. In unserem Artikel legen wir dar, welche Bewertungsmaßstäbe angelegt werden können, um die Wirkung der Einzelnen oder des Einzelnen auf den Unternehmenserfolg zu erheben. Tritt mit diesen Vorschlägen an deine vorgesetzte Person heran und finde heraus, ob ihr einen Verantwortungsbereich definieren könnt, der nicht von der reinen Anzahl von Mitarbeitenden abhängt, die du führst.
Eines steht jedenfalls fest: du bist nicht alleine. Und je mehr Menschen anfangen sich zu trauen, darüber zu sprechen, desto mehr entwickeln sich Alternativen zur schlechten Führung und davon haben alle etwas.
19.11.2025



