#Persönlichkeitsentwicklung

Ich bin extrem sensibel – wie gehe ich damit um?

Jemand hält ein Herz aus Schnee in den Händen

Ich bin extrem sensibel – wie gehe ich damit um?

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Egal ob in der Schule, im Uni-Seminar oder in beruflichen Meetings: Wo viele Menschen aufeinandertreffen, entstehen Energien. Sowohl positive als auch negative. Sensible Menschen nehmen diese Energien stärker wahr und reagieren empfindlicher auf sie als andere. Das ist eine Gabe – kann aber auch zu Belastungen führen. Mit diesem Beitrag möchten wir Ihnen zeigen, wie Sie Hochsensibilität gezielt als Stärke einsetzen und sich vor Überforderungsgefühlen und Reizüberflutung schützen können.

Wodurch äußert sich Hochsensibilität?

Hochsensible Menschen haben extrem feine Antennen. Sie reagieren stärker auf Reize als andere, sowohl auf körperlicher als auch auf sozialer und psychischer Ebene. So sind sie zum Beispiel besonders empfindlich, was Gerüche, Geschmäcker oder Geräusche angeht. Aber auch für Stimmungen in sozialen Situationen – seien es Sympathien oder Disharmonien, Gelassenheit oder Unruhe – sowie für Empfindungen einzelner Personen – von Trauer bis Glück, von Wut bis Sanftmut – sind sie besonders empfänglich. Das geht so weit, dass sie die Empfindungen anderer Menschen internalisieren und sich selbst physisch unwohl fühlen, wenn ihr Gegenüber zum Beispiel unter Schmerzen leidet.

Welche Ursachen hat Hochsensibilität?

Zwar ist Hochsensibilität noch nicht ausreichend erforscht, jedoch gibt es bereits Erkenntnisse über ihre biologischen Hintergründe: Wie die Verhaltensforscherin Birgit Trappmann-Korr mithilfe von Magnetresonanztomographie herausgefunden hat, sind die Bereiche des Gehirns, die Sinnesinformationen verarbeiten, bei hochsensiblen Menschen aktiver als bei anderen. Dadurch kann sich eine Vielzahl unterschiedlicher Reize ungefiltert ihren Weg in das Nervensystem bahnen. Laut dem Psychologenehepaar Elaine und Arthur Aron ist Hochsensibilität keine Krankheit, sondern ein vererbbares Persönlichkeitsmerkmal. Etwa 15-20 Prozent der Menschen sind ihren Forschungsergebnissen zufolge davon betroffen – wobei die Art und Intensität der Sensibilität variieren kann.

Welche Stärken zeichnen extrem sensible Menschen aus?

Hochsensible Menschen verfügen zunächst über ein extrem starkes Einfühlungsvermögen und eine ausgeprägte Intuition. Sie erfassen meist schneller und besser als andere, wie es Menschen geht und was sie bewegt – ohne, dass diese es aussprechen müssen. Ihnen entgeht auch das nicht, was sich unter der Oberfläche abspielt. Andere fühlen sich ohne Worte von ihnen verstanden und erkannt.

Sowohl im Privatleben als auch am Arbeitsplatz treten hochsensible Menschen durch ihre empathische Stärke nicht selten als Vermittler auf. Bei zwischenmenschlichen Themen sind sie oft als Ratgeber gefragt: Durch ihre hohe Beobachtungsgabe verfügen sie meist über eine sehr gute Menschenkenntnis. In Gruppen sind sie zudem oft das ausgleichende Element, da sie es verstehen, für ein angenehmes Klima zu sorgen.

Aufgrund ihrer ausgeprägten Detailwahrnehmung liegt eine weitere Stärke hochsensibler Menschen in ihrer Gewissenhaftigkeit. Sie arbeiten meist besonders überlegt und umsichtig, sodass ihnen nur sehr selten Fehler unterlaufen. Freunde und Arbeitskollegen schätzen an ihnen daher vor allem ihre hohe Zuverlässigkeit.

Durch ihre hohe Empfänglichkeit für unterschiedliche Reize nehmen hochsensible Menschen auch alltägliche Dinge besonders eindringlich wahr. Es braucht daher keine Rauschmittel oder Achterbahnen, um einen „Kick“ zu erleben. Reize aus der Natur, wie intensive Gerüche im Wald oder die Farben einer Blumenwiese, reichen dafür bereits aus.

Auch Emotionalität selbst ist eine große Stärke hochsensibler Menschen. Sie sind dazu in der Lage, derart starke Gefühle zu entwickeln, dass sie viele Momente im Leben deutlich intensiver wahrnehmen können als andere. Beim richtigen Umgang damit können diese Emotionen als wichtige Treiber ihrer Handlungen fungieren und sie bei Entscheidungen unterstützen.

Wann kann Hochsensibilität zur Belastung werden?

Überfüllte Bahnhöfe, laute Konzerte oder hektische Großraumbüros: Überall dort, wo viele Reize gleichzeitig auf sie einwirken, fühlen hochsensible Menschen sich oft nach kurzer Zeit erschöpft und überfordert. Wild durcheinander sprechende Personen, dröhnende Lautsprecheranlagen oder grelle Farben sind nur einige Beispiele solcher Reize. Sie verursachen bei ihnen oft eine Art „Nervenkater“, den sie in Ruhe auskurieren müssen.

Auch auf emotionaler Ebene leiden extrem sensible Menschen oft unter einer besonderen Belastung. Durch ihr ausgeprägtes Einfühlungsvermögen werden die Gefühle, Anforderungen und Probleme anderer Menschen schließlich schnell zu ihren eigenen. Ihre intensive Wahrnehmung kann unter Umständen auch zu Missverständnissen, Überreaktionen oder Fehlinterpretationen führen. Oft wittern hochsensible Menschen selbst kleinste Unstimmigkeiten in der Kommunikation mit anderen, messen beiläufigen Bemerkungen einen überhöhten Wert zu und beziehen Dinge auf sich, die eigentlich nichts mit ihnen zu tun haben. Das kann zum einen großes Konfliktpotenzial schüren, wenn sie sich zum Beispiel angegriffen fühlen und verteidigen wollen. Oder sie fühlen sich abgelehnt und ziehen sich in der Konsequenz mehr und mehr aus sozialen Situationen zurück, um diese Gefühle zu umgehen. Dadurch werden sie unter Umständen schnell zu Einzelgängern oder Außenseitern.

Wer sich seiner Hochsensibilität nicht bewusst ist oder noch nicht weiß, wie sie gezielt gesteuert werden kann, kann somit schnell an seine körperlichen oder psychischen Grenzen stoßen. Daher ist es wichtig, Strategien zu entwickeln, um mit der sinnbildlichen Reizüberflutung umzugehen.

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Was hilft beim Umgang mit Hochsensibilität?

  • Die erste Methode, um Reizüberflutungen vorzubeugen, ist genauso augenscheinlich wie wirksam: Versuchen Sie, Reize zu minimieren. Nutzen Sie beispielsweise Ohrstöpsel, wenn sie in lauten Bussen oder Büroräumen sitzen und suchen Sie, wenn möglich, häufig ruhige Orte auf, an denen Sie durch nichts abgelenkt werden und sich erholen können.
  • Nehmen Sie sich genügend Zeit für die Verarbeitung der vielen Reize. Nach großen Veranstaltungen, Treffen mit vielen Menschen oder anderen reizüberflutenden Situationen sollten Sie regelmäßig Auszeiten einplanen, in denen Sie sich zurückziehen können. Es kann Ihnen auch helfen, Tagebuch zu führen, um Ihre Gedanken zu verschriftlichen und somit noch besser zu reflektieren.
  • Wenn Ihnen eine aufregende Situation bevorsteht, wie beispielsweise eine Präsentation vor einer großen Gruppe, bereiten Sie sich hierauf gut vor und notieren Sie sich vorab, was Sie sagen möchten. Das nimmt Ihnen zumindest in Teilen die Angst, spontan agieren zu müssen oder durch die vielen ungewohnten Reize, die im Rampenlicht auf Sie einwirken, den Faden zu verlieren.
  • Sprechen Sie Ihre Hochsensibilität offen an. Wenn Sie Ihren Freunden oder Arbeitskollegen erklären, was es damit auf sich hat, haben diese eine Chance, Rücksicht zu nehmen und vorsichtiger mit Ihnen zu kommunizieren.
  • Wählen Sie ihr persönliches Umfeld sorgfältig aus. Überlegen Sie sich gut: Was und wer tut Ihnen gut? Mit wem möchten Sie sich umgeben und wer hat vielleicht kein Verständnis für Ihre Sensibilität? Wenn Sie merken, dass Sie sich nach Treffen mit bestimmten Personen immer ausgelaugt fühlen, sollten Sie gegebenenfalls hinterfragen, ob Sie diese nicht lieber meiden oder zumindest reduzieren sollten.
  • Machen Sie sich bewusst, dass nicht jeder so viel wahrnimmt und spürt wie Sie selbst und versuchen Sie, auch Nachsicht für die Andersartigkeit Ihres Umfeldes zu entwickeln.
  • Planen Sie Zeiten ein, in denen Sie sich bewusst nur Dingen widmen, die Ihnen Spaß bereiten und bei denen Sie Ihre feinen Antennen schonen können – getreu dem Motto: Do more of what makes you happy!
  • Lernen Sie, sich emotional abzugrenzen. Versuchen Sie, nicht jede Missstimmung auf sich zu beziehen und vertrauen Sie darauf, dass andere Personen auf Sie zukommen würden, falls Sie ein Problem mit Ihnen hätten. Gehen Sie im Zweifel proaktiv auf Ihre Mitmenschen zu, um Ihre eigene Wahrnehmung mithilfe von direkter Kommunikation zu verifizieren.
  • Stehen Sie zu Ihrer Sensibilität, anstatt sie zu unterdrücken. Lernen Sie, Ihre eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen und sie offen zu kommunizieren. Dies wird häufig vergessen, hilft Ihnen und Ihrem Umfeld aber enorm weiter. Denn nur so können Sie ein Verständnis für Ihre unterschiedlichen Wahrnehmungen entwickeln und Missverständnisse vermeiden.

Mit diesen Empfehlungen wird es Ihnen hoffentlich bald leichter fallen, mit Ihrer Empfindsamkeit umzugehen und Sie als Stärke zu nutzen. Wenn Sie sich noch tiefgehender mit Hochsensibilität auseinandersetzen möchten, sind außerdem der Podcast Proud to be Sensibelchen und das Buch Das Drama des begabten Kindes empfehlenswert. Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Anhören und Lesen!

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