#Persönlichkeitsentwicklung

“Unter Stress bin ich ein anderer Mensch!” Das steckt dahinter

“Unter Stress bin ich ein anderer Mensch!” Das steckt dahinter

Wir denken, wir kennen einen Menschen – doch kaum ist er sehr gestresst, zeigt er wie aus dem Nichts völlig konträre Charakterzüge und Verhaltensweisen. Das gilt für andere wie für uns selbst. Ragnhild Struss offenbart das System, was sich hinter diesen untypischen Anwandlungen verbirgt und warum sie durchaus sinnvoll sind.

Eigentlich sind Sie eine freundliche, tolerante und einfühlsame Person, doch ab einem gewissen Stresslevel verhalten Sie sich plötzlich harsch, kritisch und aggressiv? Oder sind Sie jemand, der stets alles im Griff hat, ordentlich und zuverlässig ist – nur um dann in Krisenzeiten unter dem Gefühl der Überforderung völlig verantwortungslos und zerstreut zu werden, sodass Ihre Freunde Sie kaum wiedererkennen? Bis zu einem gewissen Grad legen wir unter Anspannung „noch eine Schippe mehr“ unseres üblichen Verhaltens an den Tag: Ein Perfektionist versucht beispielsweise zunächst, alles „noch richtiger“ zu machen, eine Optimistin wird noch mehr dafür sorgen wollen, dass alle zuversichtlich in die Zukunft blicken, ein erfolgsorientierter Imagemensch wird noch mehr arbeiten, um in einem positiven Licht zu erscheinen. Wird der Stress jedoch so stark, dass wir unser Verhalten nicht mehr bewusst kontrollieren können, sprich überschreiten die Stressoren unsere Bewältigungsressourcen, legen wir völlig untypische Verhaltensweisen an den Tag und handeln „out of character“ – wie ein ganz anderer Mensch. 

Woran liegt das? Unsere Reaktion unter extremem Stress kann als Kompensationsmechanismus für unsere sonstige Ausrichtung verstanden werden. Jeder Mensch setzt im Rahmen seines Charakters bestimmte Schwerpunkte: welche Werte für das eigene Leben relevant sind und welche abzulehnen, was es zu erreichen gilt, wie man sich verhalten sollte und was vermieden werden muss, was man in sich selbst fördern und was man am liebsten verdrängen möchte. Wie bei der Rückseite einer Medaille bringt jeder dieser bewusst gesetzten Schwerpunkte auch eine unbewusste Schattenseite mit sich, die von uns weitestgehend ins Unbewusste verschoben wird, zum Beispiel Ehrgeiz und Trägheit, Ordnung und Chaos, Mut und Furcht, Altruismus und Egoismus, Eigenverantwortung und Opferhaltung, Mäßigung und Völlerei – die Liste ist lang. Immer wenn wir zu stark in unserem bevorzugten Persönlichkeitsmuster gefangen sind und damit nicht mehr weiterkommen, gleicht sich unsere Psyche quasi selbst aus, indem sie uns Aspekte unserer „Medaillen-Rückseite“ ausagieren lässt – oft zur völligen Überraschung außenstehender Personen sowie unserer selbst. 

Das Positive an unseren „Out of character“-Reaktionen

Im Grunde ist dieses sich „wie ein anderer Mensch“ Verhalten also sinnvoll und hilft uns oft im Nachhinein weiter: Wenn beispielsweise eine stets gefällige, angepasste und bescheidene Person aufgrund ihrer „netten“ Art zum wiederholten Male übergangen oder übervorteilt wird, gleicht ihre Stressreaktion des wütenden Ihre-Meinung-Sagens und aggressiv für ihre eigenen Bedürfnisse Einstehens ihr sonstiges Verhalten effektiv aus. Auch ein Workaholic, der immer mehr und noch mehr arbeitet, nie Pausen macht und sich völlig verausgabt, schützt sich mit seiner Stressreaktion gewissermaßen vor sich selbst, wenn er plötzlich träge wird, auf nichts mehr Lust hat und tagelang nur mit Netflix und Pizza verbringt. Allerdings ist eine noch bessere Lösung, es gar nicht erst so weit kommen zu lassen und gegenzusteuern, bevor der Stress uns ins andere Extrem treibt. Machen Sie sich dazu bewusst, welches Verhalten Sie typischerweise in Ihrer Persönlichkeit überbetonen, und erlauben Sie sich regelmäßig, in gesunden Maßen auch das Gegenteil leben zu dürfen. 

Verschiedene Persönlichkeitstypen und ihre untypischen Stressreaktionen

Im Folgenden werden neun verschiedene Persönlichkeitstypen beschrieben – und wie sie sich unter extremem Stress verhalten können. Bestimmt erkennen Sie sich in einem oder mehreren der Typen wieder. Versuchen Sie im Alltag zu bemerken, wenn Sie sehr stark gestresst sind, und gönnen Sie sich rechtzeitig eine Pause von Ihren typischen Ansprüchen an sich selbst. So vermeiden Sie, dass es zu Extremreaktionen kommt. 
 

Spaßorientierte Typen werden plötzlich pingelig

Fröhliche Optimisten haben viel Energie und betrachten das Leben als wunderbaren Spielplatz voller Möglichkeiten. Sie möchten alle Freuden voll auskosten und teilen dabei großzügig mit anderen. Neue, spaßige Optionen ziehen sie an, während sie Routine, Details und Einschränkung abschrecken. Sie machen lieber Scherze und lenken sich ab, als sich von drögen Beschäftigungen und langweiligen Zeitgenossen ausbremsen zu lassen.

Unter extremem Stress werden die optimistischen Sonnenscheine manchmal ungewöhnlich ernst, kritisch und streng mit sich und anderen. Sie halten sich plötzlich an Details auf und ihre Flexibilität und Lockerheit weichen Strenge, Schwarz-Weiß-Urteilen und Haarspalterei. Gesellschaftliche Ungerechtigkeit und andere Missstände regen sie jetzt auf, wo sie sonst mit Humor reagieren.

Positiver Effekt und Learning: Nach all ihrem Hedonismus und ihrer „Easy peasy lemon sqeezy!“-Attitüde zum Leben profitieren die Spaßorientierten von etwas mehr Ernsthaftigkeit und kritischer Betrachtung. Sie entwickeln mehr Disziplin und lernen, bei Projekten am Ball zu bleiben, statt sich immer sofort dem nächsten „shiny object“ zuzuwenden. Außerdem weitet sich ihr Blick von ihrer subjektiven Erfüllung zu kollektiv relevanten Themen hin. Das Learning: Spaß haben ist gut – solange man bei Bedarf auch die nötige Ernsthaftigkeit an den Tag legen kann. 
 

Hilfsbereite Typen werden plötzlich aggressiv

Der gefällige Helfertypus ist für gewöhnlich charmant, einfühlsam und zuvorkommend. Als geborener Dienstleister versteht er es, anderen Menschen ihre Wünsche von den Augen abzulesen und seine Lieben zu unterstützen, wo er nur kann. Da er sich nur dann wertvoll fühlt, wenn er von anderen gebraucht wird, legt er bisweilen seinen Fokus zu sehr auf die Erwartungen und Bedürfnisse anderer Menschen und lässt sich selbst kaum Fürsorge zukommen. 

Unter extremem Stress können Helfertypen plötzlich dominant, wütend und aggressiv auftreten. Die gesamte angestaute Frustration vom ständigen Selbstlos-für-andere-da-Sein entlädt sich lautstark, und die hilfsbereite Person fordert nun ein, was ihr zusteht. Sie wird leicht reizbar, attackiert andere und kann sich auch kontrollierend zeigen.

Positiver Effekt und Learning: Was sich im Extrem äußert, ist ein wichtiges Regulativ allzu großer Aufopferung dieses Typus. Nicht nur stehen die Helfer jetzt endlich für sich und ihre eigenen Bedürfnisse ein. Sie werden auch unabhängiger von der Meinung anderer und sagen ehrlicher ihre Meinung, statt diese gefällig und charmant zu verschleiern. Ein wichtiges Learning ist, langfristig auch eigene Wünsche gegenüber anderen anzusprechen, nicht immer nur zu geben, sondern auch mal zu nehmen und an einem von ihren Beziehungen unabhängigeren Selbstwert zu arbeiten.
 

Perfektionistische Typen werden plötzlich launisch

Manche Menschen wollen immer alles richtig machen und leben nach höchsten Ansprüchen und Idealen. Sie scheinen stets alles unter Kontrolle zu haben, vermeiden Fehler um jeden Preis und sind für andere moralische Vorbilder. Ihr Antrieb ist es, sich als „gute Menschen“ zu fühlen und sich moralisch immer adäquat zu verhalten. Entsprechend unterdrücken sie oft unerwünschte Gefühle wie Wut, Neid oder eine kindliche Opferhaltung.

Unter extremem Stress können Perfektionisten überraschend überempfindlich, launisch und sentimental werden. Sie steigern sich dann in Weltschmerz darüber hinein, dass nichts perfekt und alles mangelhaft ist, fühlen sich hoffnungslos, ungeliebt und missverstanden und empfinden eine tiefe Sehnsucht nach dem, was sie nicht haben können. Der sonst so gefasste Mensch entwickelt sich – ähnlich wie in der Snickers-Werbung – zur selbstmitleidigen Diva.

Positiver Effekt und Learning: Den sonst so beherrschten, oft angespannten Perfektionisten tut es gut, mit ihren Gefühlen in Kontakt zu kommen und diese zuzulassen. Denn bei ihrer ständigen Orientierung an gesellschaftlich hochanerkannten Regeln und Maßstäben kommt ihr subjektives Empfinden oft zu kurz. Im besten Falle finden sie durch ihre plötzliche Emotionalität im künstlerischen Ausdruck ein Ventil, das sie am besten zur Kompensation fest in ihren Alltag integrieren sollten. Das Learning ist hier: Jeder ist unperfekt – aber das macht Menschen authentisch, nahbar und liebenswert. Nicht alles muss nach höchsten moralischen Prinzipien eingeordnet und kontrolliert werden. 

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Erfolgsorientierte Typen werden plötzlich apathisch

Charmante Macher lieben es, Hans Dampf in allen Gassen zu sein, sich mit anderen zu messen, Erfolge zu erzielen und zu gewinnen. Als Networking-Profis gelingt es ihnen, zu jedem einen Draht aufzubauen und Menschen in ihren Bann zu ziehen. Ihr Image ist makellos und sie sind für viele ein Vorbild, weil ihnen scheinbar spielend leicht alles gelingt, was sie anfangen. Aus dieser positiven Resonanz anderer ziehen sie vermeintlich sehr viel, weshalb sie unermüdlich weiterarbeiten, ein großes Netzwerk aufbauen und höchst ungerne Pausen einlegen. 

Unter extremem Stress erkennt man die Erfolgsorientierten kaum wieder. Ganz untypisch verfallen sie jetzt in Apathie, schieben die Arbeit an ihren Projekten auf und mutieren mitunter zur passiven Couch Potato. Sonst so entscheidungsfreudig, wissen sie nun nicht so recht etwas mit sich anzufangen, verlieren ihre Willenskraft und reagieren auf Kritik passiv-aggressiv und trotzig.

Positiver Effekt und Learning: In ihrer Stressreaktion steckt eine wichtige Lektion für die Erfolgsorientierten: Es ist in Ordnung, den Fuß vom Gaspedal zu nehmen und die Überholspur des Erfolgs gelegentlich gegen eine Landstraße der Ruhe einzutauschen. Außerdem kommen sie von ihrem übermäßigen Fokus auf das eigene Image ab und beginnen mehr, auch andere Menschen zu sehen und tolerant anzunehmen. Als Learning für die Zukunft sollten Macher-Typen regelmäßig (und nicht erst kurz vorm Burnout) immer auch Erholungs- und Mußephasen einplanen und gelegentlich Dinge authentisch nur für sich statt für ein Publikum tun. 


Gelassene Typen werden plötzlich ängstlich

Einige Menschen scheinen immer „mit dem Flow“ zu gehen. Sie bringt so leicht nichts aus der Ruhe und sie leben nach dem Motto „Morgen ist auch noch ein Tag.“. Gegenüber ihren Mitmenschen sind sie anpassungsbereit und vertrauensvoll. Ihre eigenen Bedürfnisse stellen sie öfter „der lieben Harmonie willen“ in den Hintergrund. 

Unter extremem Stress können gelassene Typen plötzlich sehr ängstlich und misstrauisch werden. Ihre zuversichtliche „Et hat noch immer jut jejange“-Haltung weicht dann übermäßigen Sorgen und dem Reinsteigern in Worst-Case-Szenarien. Außerdem empfinden sie plötzlich Zweifel, sowohl sich selbst als auch anderen gegenüber.

Positiver Effekt und Learning: Prokrastination und Vogel-Strauß-Politik sind negative Aspekte gelassener Typen, die durch ihre Stressreaktion kompensiert werden. Jetzt nehmen sie eine realistischere Einschätzung der Faktenlage vor, statt mit blinder Naivität automatisch vom Besten auszugehen. Sie werden auch wachsamer gegenüber anderen Menschen und deren Absichten und grenzen sich so rechtzeitig ab, bevor sie übervorteilt werden. Als Learning können sie daraus für sich mitnehmen, bei aller Harmonieliebe und Zuversicht immer auch die Tatsachen zu prüfen, eine eigene Position zu beziehen, ihre Bedürfnisse dementsprechend auszudrücken, rechtzeitig ins Handeln zu kommen und eine gesunde Vorsicht an den Tag zu legen – als Ausgleich für ihre sehr entspannte Haltung.


Dominante Typen ziehen sich plötzlich zurück

Boss- und Anführer-Typen treten für gewöhnlich selbstbewusst und stark auf, wissen, was sie wollen, handeln impulsiv und übernehmen wie selbstverständlich die Führung. Sie scheinen vor nichts Angst zu haben, sind schnell und aktiv und haben zu jedem Thema eine klare, subjektive Meinung. Auf andere wirken sie manchmal einschüchternd, aber auch heldenhaft. 

Unter extremem Stress fühlen sich dominante Typen der damit einhergehenden Verantwortung manchmal nicht mehr gewachsen, ziehen sich komplett zurück und werden plötzlich still und nach innen gekehrt. Ihre sonst so intensiven Gefühle fühlen sich wie betäubt an, sie haben nur noch wenig Energie und zeigen sich überraschend verkopft. 

Positiver Effekt und Learning: Diese Reaktion reguliert auf natürliche Weise das „Zuviel“ dominanter Typen: zu viel Machtstreben, zu impulsives Handeln, zu schwarz-weiße Meinungen, zu viel „aus dem Bauch“ Agieren. Sie werden nüchterner und objektiver, wägen gründlicher ab, bevor sie in Aktion treten, und behalten einen kühlen Kopf, statt vor vor Emotionen wie Wut und Ärger überzuschäumen. Ein Learning für sie ist, dass sie ihre intensive innere Energie von Zeit zu Zeit bewusst mäßigen sollten und am besten immer erst einmal durchatmen und nachdenken, bevor sie „lospoltern“ und damit manchmal andere überrennen oder zu schnell und unbedacht handeln. In zwischenmenschlichen Beziehungen gilt: Sie müssen einen Raum zwischen Reiz und Reaktion schaffen.


Wissbegierige Typen werden plötzlich zerstreut

Introvertierte, analytisch rationale Menschen brauchen nicht allzu viel zwischenmenschlichen Kontakt, sondern ziehen ein gutes Buch oder ihr präferiertes Online-Wissensforum oft Socializing und „Spaßaktivitäten“ vor. Sie lieben es zu lernen und entwickeln sich häufig zu Experten auf einem Gebiet, das sie besonders interessiert. Privat und zurückgezogen leben sie häufig in ihrem Kopf, während körperliche Bedürfnisse oder Gefühle eine untergeordnete Rolle spielen.

Unter extremem Stress sieht das plötzlich ganz anders aus und die wissbegierigen Typen stürzen sich in den Exzess. Sie werden rastlos, suchen eine Zerstreuung nach der anderen und wollen jetzt jeden Moment voll auskosten. Feiern, Alkohol und andere hedonistische Ablenkungen lassen die sonst so Vernünftigen plötzlich ins Gegenteil fallen. 

Positiver Effekt und Learning: Diese Überkompensation in Stresszuständen erinnert die Kopfmenschen daran, dass sie eben auch einen Körper besitzen und (zwischen-)menschliche Bedürfnisse haben, die aufgrund zu großer Zurückgezogenheit in ihre Wissenswelten manchmal zu kurz kommen. Sie sind dann weniger gehemmt, können locker lassen und einfach mal Spaß haben. Das Learning für sie ist, dass das Leben nicht nur intellektuell durchdrungen werden sollte, sondern auch gelebt werden muss – und dass sie in gesunden Dosen Zerstreuung und Kontakte in ihren Alltag einplanen sollten. 


Zweifelnde Typen spielen plötzlich eine selbstsichere Rolle

Sehr sicherheitsorientierte Menschen sind zuverlässig, loyal und risikoavers. Es dauert eine Weile, bis sie Entscheidungen treffen, da sie stets sehr sorgfältig abwägen, und sie neigen dazu, immer wieder Dinge in Frage zu stellen, beispielsweise die Vertrauenswürdigkeit bestimmter Personen. Bei aller Skepsis können sie hervorragend die Menschen in ihrem „inner circle“ beschützen und im Angesicht von Gefahren überraschenden Mut entwickeln. 

Unter extremem Stress überkompensieren die Sicherheitsorientierten ihre inneren Zweifel plötzlich mit einem betont selbstbewussten, image- und erfolgsorientierten Auftreten. Sie zeigen sich dann wettbewerbsorientiert bis überheblich, spielen eine unauthentische Rolle, von der sie sich positive Resonanz erhoffen, und werden sehr geschäftig, um ihre Ängste zu überdecken.

Positiver Effekt und Learning: Auch wenn sie manchmal mit diesem Kompensationsmechanismus übers Ziel hinausschießen, holt er sie aus der „paralysis by analysis“, indem er die zweifelnden Typen daran erinnert, dass sie Entscheidungen treffen und ins Handeln kommen müssen, um ihre Ziele zu erreichen. Zudem überwinden sie dabei ihre sonst vorhandene Angst vor Erfolg – sie könnten ja angreifbar sein, wenn sie aus der Masse hervorstechen – und trauen sich, für ihre Überzeugungen einzustehen. Als Learning können sie sich vornehmen, auch sonst weniger zögerlich zu sein und einfach mal beherzt zu handeln und an sich selbst und ihre Fähigkeiten zu glauben.


Selbstversunkene Typen werden plötzlich übermäßig anhänglich

Viele künstlerisch-intellektuelle Menschen leben ihr Leben mit gesteigerten Empfindungen: Sie haben feine Antennen für Schönheit und Ästhetik, denken und fühlen tief und betrachten sich als irgendwie „anders“ und außergewöhnlich. Gelegentlich geht das „Besonderssein“ mit einer gewissen Selbstverliebtheit einher. Sie neigen dazu, ihre eigenen Gefühle zu intensivieren und scheinen oft eine gewisse Dramatik anzuziehen beziehungsweise selbst zu erzeugen. Aufgrund ihrer Sensitivität und ihrem Facettenreichtum können sie oft besondere kreative Werke erschaffen, um sich auszudrücken.

Unter extremem Stress können diese individualistischen Typen ihren Fokus plötzlich von sich ausschließlich auf ihr Gegenüber verschieben und sehr anhänglich bis aufopfernd gegenüber ihnen wichtigen Personen werden. Sie verlagern ihre Aufmerksamkeit dann komplett darauf, ihren „signifikanten Anderen“ zu gefallen und sie durch schmeichelndes bis manipulatives Verhalten an sich zu binden, sich quasi unentbehrlich zu machen und dem Gegenüber auch zu signalisieren, dass es ohne sie „gar nichts“ wäre.

Positiver Effekt und Learning: In gemäßigter Form ist die Stresstendenz der selbstversunkenen Typen eine gute Entwicklung für sie. Denn das übermäßige Kreisen um die eigene Person und Befindlichkeit weicht dadurch einem Bewusstsein für andere Menschen und deren Bedürfnisse. Bevor es im Stress zu einer extremen Ausprägung dieser Wandlung kommt, sollten Individualisten als Learning mitnehmen, dass sie sich nicht immer von anderen abgrenzen müssen, um ihre Einzigartigkeit zu betonen, sondern es auch schön ist, sich mit anderen verbunden zu fühlen und deren Gefühle zu betrachten. 

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