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„Ich kann eigentlich nichts“: Die Angst vorm Auffliegen

Impostor-Syndrom

„Ich kann eigentlich nichts“: Die Angst vorm Auffliegen

Eigentlich läuft im Job alles rund, das Feedback vom Chef ist gut, und die Kunden zeigen sich zufrieden. Wären da nur nicht die ständigen Selbstzweifel: „Kann meine Arbeit wirklich so gut sein? Wann merken die anderen, dass alles nur Show ist?“ Als Karriereberaterin kenne ich diese „Angst vorm Auffliegen“ von meinen Klienten gut. Woher sie kommt und wie sie gelindert werden kann, verrate ich im folgenden Video:

 

Video-Zusammenfassung: Das Impostor-Syndrom

Zu uns in die Karriereberatung kommen häufig Menschen, die - von außen betrachtet - selbstbewusst und kompetent wirken, uns dann aber ihre Angst schildern, im Job irgendwann aufzufliegen: als Mogelpackung, die eigentlich gar nichts auf dem Kasten hat. Sie fühlen sich von anderen schlicht überschätzt und schreiben ihre Erfolge nicht ihren eigenen Fähigkeiten und Talenten zu, sondern denken, dass es der Zufall so wollte oder sie einfach Glück hatten. Misserfolge hingegen gehen immer auf die eigene Kappe. So werden die Selbstzweifel stets weiter genährt. Diese „Angst vorm Auffliegen“ bezeichnet man auch als „Impostor-“ oder „Hochstapler-Syndrom“. Woher sie kommt und wie sie gelindert werden kann, ist bei jedem unterschiedlich – generell lassen sich aber die folgenden sieben Typen voneinander unterscheiden:

Typ #1: Der Perfektionist

Wenn Sie perfektionistisch eingestellt sind, dann haben Sie immer eine 100-Prozent-Lösung im Kopf. Sie schrauben Ihren eigenen Anspruch stetig hoch. Wenn Sie mit einer Aufgabe fertig sind, stellt sich bei Ihnen meist kein Gefühl von Zufriedenheit, sondern eher eine Art Unbehagen ein: Sie denken in erster Linie daran, was Sie hätten besser machen können. Bei Ihnen liegt die Ursache für das Hochstapler-Syndrom somit vor allem in Ihrer eigenen Wahrnehmung, nicht genug gegeben zu haben.

Mein Tipp: Schrauben Sie Ihren Anspruch an sich selbst herunter. Wenn Sie eine Aufgabe abgeschlossen haben, halten Sie inne und akzeptieren Sie, dass Sie es genau so gut gemacht haben, wie es Ihnen zu diesem Zeitpunkt möglich war.  

Typ #2: Der Ambitionierte

Wenn Sie in der Schulzeit die Erfahrung gemacht haben, dass andere sich über Sie lustig gemacht haben, weil Sie zum Beispiel unter Legasthenie leiden oder gestottert haben, dann gehören Sie zu Typ 2: Sie haben gelernt, solche Erfahrungen mit übermäßiger Leistung zu kompensieren. Sie stecken extrem viel Aufwand in Ihre Arbeit, kommen früh und bleiben besonders lang, nehmen jede Aufgabe an, die Ihnen zugetragen wird – einfach, um sich selbst zu beweisen, dass Sie unter dieser kleinen Schwäche von früher nicht mehr leiden.

Mein Tipp: Für Sie ist es besonders wichtig, mit jemandem darüber zu sprechen, was Sie früher beschämt hat. Scham ist ein Gefühl, das im Dunkeln stattfindet. Sobald man darüber spricht, wird es weniger. Machen Sie sich außerdem bewusst, dass Ihre damalige Schwäche heute gar kein Problem mehr darstellen muss: Im IT-Job wird es zum Beispiel niemanden kümmern, wenn Sie eine Lese-Rechtschreib-Schwäche haben.

Typ #3: Das Genie

Bei Ihnen würde man wohl am wenigsten vermuten, dass Sie unter dem Impostor-Syndrom leiden: Sie sind der Alleskönner. Ob in der Schule, im Studium oder im Job: Ihnen ist bisher alles leicht gefallen. Da wir in Deutschland aber mit Glaubenssätzen wie „Hochmut kommt vor dem Fall“ oder „Wenn’s nicht weh tut, war es keine Arbeit“ aufwachsen, fühlen Sie sich verunsichert. Ganz nach dem Motto: „Da muss es doch irgendwo einen Haken geben“, haben Sie das unbehagliche Gefühl, irgendetwas an sich selbst übersehen zu haben. Und wenn eine Aufgabe doch mal größere Anstrengung erfordert, läuten bei Ihnen sofort die Alarmglocken. Denn daraus schließen Sie, dass Sie möglicherweise etwas nicht so gut können.

Mein Tipp: Für Sie sind regelmäßige Zielvereinbarungsgespräche mit Ihrem Vorgesetzten besonders wichtig: Wenn Sie genau wissen, was von Ihnen erwartet wird und konkrete Ziele haben, werden Ihre eigenen Leistungen für Sie klarer und greifbarer. Außerdem: Erkennen Sie an, dass Sie offensichtlich recht begabt sind. Dafür kann man sich auch mal auf die Schulter klopfen!

 

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Typ #4: Der Dienstleister

Wenn Sie die Bedürfnisse anderer meist stärker in den Fokus rücken als Ihre eigenen, sind Sie der Dienstleister-Typ. Sie rackern sich jeden Tag ab, um die Anforderungen von außen zu erfüllen. Ihr Selbstwert ist stark davon abhängig, dass Sie gelobt werden. Da Sie sich kaum Zeit für die Auseinandersetzung mit Ihren eigenen Bedürfnissen nehmen, haben Sie auch kein gutes Gespür für Ihre Fähigkeiten, Talente und Begabungen. Und in diesem fehlenden Selbstvertrauen in Ihre Fertigkeiten liegt bei Ihnen die Ursache für das Gefühl, eine Mogelpackung zu sein.

Mein Tipp: Fragen Sie sich selbst: Was ist eigentlich meine Freude bei der Arbeit? Was möchte ich hier erreichen? Wo kann ich mich vor mir selbst besonders beweisen? Legen Sie Ihren Fokus also mehr auf Ihr Inneres, statt nur auf Ihr Umfeld.

Typ #5: Der Bequeme

Neigen Sie dazu, Ihre Energie eher sparsam einzusetzen, anstatt alles zu geben? Dann sind Sie Typ 5: der Bequeme. Die Redensart „Ohne Fleiß kein Preis“ ist Ihnen fremd. Sie gehen es lieber gemütlich an. Das führt aber auch dazu, dass Sie Ihrem Potenzial häufig nicht gerecht werden und sich irgendwann das Gefühl bei Ihnen einstellt, sich selbst betrogen zu haben. Damit liegt die Ursache für das Impostor-Syndrom bei Ihnen auf der Hand: Durch Ihre eigene Überzeugung, nicht das leisten zu können, was eigentlich möglich wäre, haben Sie Angst, dass jemand anders das auch feststellen könnte.

Mein Tipp: Überwinden Sie Ihre Trägheit und holen Sie alles aus sich heraus: Legen Sie mehr Fleiß an den Tag, eignen Sie sich neues Wissen an und arbeiten Sie härter an Ihren Fähigkeiten.

Typ #6: Der Mächtige

Von außen betrachtet haben Sie die Zügel fest in der Hand, ordnen sich anderen über und strahlen Macht aus. Doch auch Sie haben Angst vor dem Auffliegen – nämlich dann, wenn Sie merken, dass Ihnen die Kontrolle entgleitet und andere Ihnen zum Beispiel nicht ihre Meinung mitteilen. Sie befürchten, dass in dem Moment, in dem Sie nicht mehr alles überprüfen können, das absolute Chaos ausbricht. In dieser Diskrepanz ist ein besonderer Kraftaufwand nötig, um Ihre starke Haltung zu bewahren.

Mein Tipp: Entwickeln Sie ein größeres Vertrauen in Ihr Umfeld und akzeptieren Sie, nicht ständig über alles und jeden die Kontrolle haben zu können.

Typ #7: Der Macher

Wenn Sie der dynamische Macher-Typ sind, haben Sie tolle „People Skills“ und konnten Ihr Umfeld schon immer besonders gut um den Finger wickeln. Durch Ihre hohe kommunikative Fähigkeit gelingt es Ihnen auch, zu verbergen, wenn Sie mal etwas nicht so gut können. Mit der Zeit haben Sie mehr und mehr gelernt, Ihre Schauspieler-Fähigkeiten gekonnt einzusetzen. Dieser bewusste Einsatz Ihres Charmes, um kleine Fehler zu verbergen, ist bei Ihnen auch der Grund für die Unsicherheit bezüglich Ihrer Kompetenzen.

Mein Tipp: Machen Sie sich bewusst, dass Sie mit Ihrer „Street-Smartness“ und Ihrem Kommunikationsgeschick nicht nur Ihre kleinen Schwächen verbergen können: Beides sind tolle Talente, die nicht selbstverständlich sind und die in vielen Jobs zielführend eingesetzt werden können.

Das Impostor-Syndrom kann also verschiedene Ursachen haben und sich auf unterschiedliche Art und Weise ausdrücken. Unabhängig von der Persönlichkeit sind aber grundsätzlich zwei Dinge wichtig, um wieder mehr Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu gewinnen:

  • Wissensaneignung: Klären Sie mit Ihren Vorgesetzten genau, was von Ihnen verlangt wird, und bauen Sie dementsprechend Ihre Kompetenzen und Fähigkeiten aus.
  • Selbstvertrauen stärken: Suchen Sie sich im Unternehmen einen Sparringspartner oder Mentor, mit dem Sie über Ihre Ängste sprechen können. In dem Moment, in dem Sie Ihre Ängste nach außen bringen, können Sie sie auch leichter abbauen. Im zweiten Schritt ist es hilfreich, sich die eigenen Talente, Fähigkeiten und Persönlichkeitseigenschaften zu notieren. Durch das Aufschreiben werden Sie realer und messbarer – und Ihr Gefühl, eine Mogelpackung zu sein, wird sich deutlich lindern.

Last but not least: Das Impostor-Syndrom hat in gewisser Weise auch eine überhebliche Komponente. Schließlich gehen Sie davon aus, dass Sie denjenigen, der Sie eingestellt hat, täuschen konnten. Entwickeln Sie also auch mehr Vertrauen in Ihre Chefin oder Ihren Chef: Offensichtlich hat er oder sie entschieden, dass Ihre Fähigkeiten für den Job ausreichen. Und das sollte auch Ihr Selbstbewusstsein stärken!

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