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#Persönlichkeitsentwicklung

Ich leiste, also bin ich? – Aber wer überhaupt? 

Ich leiste, also bin ich? – Aber wer überhaupt? 

Erfolg – in seiner glänzenden, von außen sichtbaren Form – gilt in vielen Führungsetagen als Gradmesser der Persönlichkeit: Er spricht von Zielstrebigkeit, Leistungsfähigkeit, Durchsetzungskraft und intellektueller Brillanz. Doch hinter dieser Fassade der Souveränität und Effizienz verbirgt sich nicht selten ein innerer Kosmos aus Unsicherheit, Selbstzweifeln und dem ständigen Bedürfnis, sich selbst und anderen die eigene Daseinsberechtigung zu beweisen. Wer viel erreicht, tut dies nicht zwingend aus Freude am Gestalten, sondern möglicherweise aus einer tiefen Angst heraus, im bloßen Sein nicht ausreichend zu sein. 

Willkommen in der Welt der Insecure Overachiever

Wenn Leistung zur Tarnung wird – und Erfolg nicht berührt 

Die biografischen Wurzeln dieses Musters liegen häufig in frühen Beziehungserfahrungen, in denen Zuwendung, Anerkennung oder emotionale Sicherheit nicht bedingungslos erfahrbar waren. Daraus erwächst ein Selbstkonzept, das die eigene Wertigkeit eng an Funktion, Nützlichkeit und Leistung koppelt – mit der tiefen Überzeugung: „Nur wenn ich glänze, werde ich geliebt.“ 

Was zunächst als adaptive Überlebensstrategie dient – sich anzupassen, zu kontrollieren, zu übertreffen – wird im Erwachsenenalter zur Persönlichkeitsstruktur: beruflicher Erfolg wird zur Ersatzbefriedigung, soziale Anerkennung zum Ausgleich für echte Selbstannahme. Der Preis dieser Scheinidentität ist hoch – denn was nach außen als souveränes Leben erscheint, ist im Innersten im schlimmsten Fall leer, rastlos und brüchig. 

Drei feine Sensoren, die dein System alarmieren 

Leben unter Dauerleistung bleibt nie ohne Folgen. Es gibt drei zentrale Ebenen, auf denen sich dein inneres Ungleichgewicht bemerkbar macht – oft subtil, aber unüberhörbar, wenn du lernst, genau hinzuschauen: 

  1. Die Sprache deines Körpers 
    Chronische Erschöpfung, ein anhaltendes Gefühl innerer Unruhe, unerklärliche Verspannungen oder Schlafstörungen: Der Körper spricht, wenn du nicht mehr auf deine Seele hörst. Langfristiger Stress verändert biochemische Prozesse – dein Nervensystem agiert im Überlebensmodus, auch wenn du äußerlich funktionierst. 
  1. Die Botschaften deiner Psyche 
    Dein Geist beginnt, Auswege zu schaffen – manchmal über Irritation, oft über Selbstsabotage. Du verpasst Fristen, verlierst die Klarheit, triffst Entscheidungen, die dir selbst schaden. Nicht aus Unvermögen – sondern weil deine Psyche nach Entlastung ruft, die du ihr bewusst nicht zugestehst. 
  1. Das Echo deiner Beziehungen 
    Menschen ziehen sich zurück, weil sie dich nicht mehr wirklich spüren. Du wirst zur Projektionsfläche, nicht mehr zum Gegenüber. Kritik oder Rückzug empfindest du als Belastung – in Wahrheit sind sie Appelle: „Wir sehen dich nicht mehr. Wo bist du?“ 

Vom Getriebensein zur Selbstführung – ein Weg in Etappen 

Ein dysfunktionales Muster kann nicht durch radikalen Verzicht transformiert werden. Wer jahrelang gelernt hat, sich ausschließlich über Leistung zu definieren, kann nicht einfach nicht mehr leisten. Die Lösung liegt nicht in der Vermeidung, sondern in der bewussten Integration. 

1. Erkenne, was dich wirklich antreibt 

Stelle dir ernsthaft die Frage: Worin wurzelt mein Streben? Ist mein Erfolg Ausdruck einer inneren Entfaltung – oder ein Schutzwall gegen das Gefühl, nicht gut genug zu sein? Achtsames Selbstbeobachten, idealerweise im Spiegel eines reflektierten Coaching- oder Therapieprozesses, ist der erste Schritt in die Selbstklärung. 

2. Würdige das Muster – statt es zu bekämpfen 

Deine Strategie war einst sinnvoll. Sie hat dir ermöglicht, zu überleben, zu bestehen, zu leisten. Sie ist nicht dein Feind – sie ist ein Werkzeug, das du lange benötigt hast. Verabschiede dich nicht mit Härte, sondern mit Dankbarkeit. Denn in diesem Anerkennen liegt bereits ein Teil der Heilung. 

3. Stelle Erfahrungen daneben – statt Leistung abzuschaffen 

Verändere nicht das System, in dem du dich bewegst, bevor du dich in dir selbst verankert hast. Suche gezielt nach kleinen Erfahrungen, in denen du Wirkung entfalten darfst, ohne sie mit Anerkennung oder Output zu verknüpfen. Ein Gespräch ohne Agenda. Eine Tätigkeit ohne Zweck. Ein Moment, in dem du einfach nur bist – nicht funktionierst. 

Secure Striver: Erfolg in Verbindung mit sich selbst 

Der Weg aus dem Modus des Insecure Overachievers führt nicht in die Ablehnung von Leistung, sondern in ihre Neudeutung. Er führt zur Integration eines neuen Selbstverständnisses: Ich strebe nicht, um mich zu beweisen – ich strebe, weil es mir Freude macht. Ich bin nicht erfolgreich, um geliebt zu werden – ich bin erfolgreich, weil ich in mir verankert bin. 

Der Secure Striver weiß um seine Geschichte, erkennt seine Muster, ehrt seine Herkunft – und trifft bewusstere Entscheidungen. Nicht aus Angst, sondern aus Freiheit. Nicht aus Mangel, sondern aus Fülle. 

Und jetzt? 

Vielleicht hast du dich in diesen Zeilen wiedergefunden – in Teilen oder in Gänze. Dann ist dies kein Grund zur Scham, sondern zur Erleichterung. Denn das Erkennen des eigenen Musters ist bereits ein Akt der Selbstverantwortung. 

Du musst nicht heute alles ändern. Aber du kannst heute beginnen dir zuzuhören. Nicht um besser zu funktionieren – sondern um dich selbst wieder zu spüren. Weil du mehr als dein Lebenslauf bist. Und mehr als deine Rolle. Du bist nicht nur Führungskraft – du bist Mensch. Und genau darin liegt deine eigentliche Autorität. 

 

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