#Persönlichkeitsentwicklung

Selbstoptimierung mal anders – warum wir nicht jeden Trend mitmachen müssen

Selbstoptimierung mal anders – warum wir nicht jeden Trend mitmachen müssen

Für nahezu jeden Lebensbereich gibt es die passenden Selbstoptimierungstrends, mit denen wir angeblich „noch mehr aus uns herausholen“ können. Aber brauchen wir die überhaupt? Ragnhild Struss zeigt, wie Sie sich selbst zum Maßstab machen – und Ihren Fokus auf das verschieben, was bereits gut läuft.

Wir alle können noch erfolgreicher, attraktiver, schlanker, achtsamer, minimalistischer, gesünder, sportlicher und glücklicher werden – zumindest, wenn wir den Versprechen der Selbstoptimierungsbranche Glauben schenken. Ob wir mit Biohacking unsere körperlichen Vorgänge überwachen und optimieren, uns einer Trend-Ernährungsform wie Paleo, Intermittent Fasting oder Raw Vegan anschließen oder uns „Managergewohnheiten“ antrainieren, den Wecker auf 5 Uhr morgens stellen und „bulletproof coffee“ schlürfen: Die Palette an Ratgeberliteratur, -videos, -podcasts und -apps ist groß und wir können täglich aus einem riesigen Angebot wählen, auf welche Weise wir heute an uns arbeiten und „die beste Version von uns selbst“ werden möchten. Zuweilen kommt es einem vor, als bräuchte man schon für die Auswahl einen Ratgeber.

Persönlichkeitsentwicklung, Wachstum, das Streben nach Erfüllung der Träume und dem Erreichen selbst gesetzter Ziele sind natürlich durchaus positive und sinnvolle Wünsche, die viel Potenzial bieten, sich im eigenen Leben zufriedener und erfüllter zu fühlen. So gesehen kann jeder zur Unterstützung auf seinem persönlichen Weg im Angebot des Selbstoptimierungsmarkts etwas Passendes finden, das mit individuellen Werten und Vorstellungen übereinstimmt. Was allerdings hinterfragt werden darf, ist das Dogma der „Selbstoptimierung um jeden Preis“: Nur, weil etwas gerade angesagt ist und gefühlt alle es ausprobieren, bedeutet das noch lange nicht, dass es auch das Richtige für uns sein muss. Kritisch zu betrachten ist vor allem das suggerierte Ziel eines perfekten Selbst. Die eigene Person und das Leben werden mit dem Blick des Mangels hinsichtlich der 100-Prozent-Version unserer selbst betrachtet und das ständige Herumwerkeln an uns sorgt für permanenten Stress. Durch den ständigen Vergleich eines verbesserungsbedürftigen Ist-Zustands mit einem noch nicht erreichten Idealzustand neigen wir dazu, unseren Fokus auf das zu legen, was uns fehlt. Außerdem kann es passieren, dass wir durch den Blick nach außen unser Vertrauen ins Innen verlieren und eigene Fähigkeiten und unsere Intuition verlieren: Wenn wir glauben, alles messen und überwachen zu müssen, vergessen wir, dass wir eigentlich auch ohne solche äußeren Kontrollmaßnahmen fühlen und entscheiden können, was wir essen, wie lange wir schlafen, wie viel wir arbeiten und uns bewegen oder wie wir Stress abbauen wollen. 

Das beste Selbstoptimierungsprogramm orientiert sich an uns selbst

Die folgenden Tipps sollen Ihnen dabei helfen, zurück in Ihre eigene (Urteils-)Kraft zu kommen und selbst im „driver’s seat“ Platz zu nehmen. Lassen Sie sich nicht vom Selbstoptimierungswahn anstecken, sondern wählen Sie mit Bedacht, was Ihnen wirklich guttut – und welchen Hype Sie gut und gerne auslassen können.
 

1. Reality Check: Muss überhaupt etwas anders werden?

Während einige Persönlichkeitstypen nötige Änderungen ewig vor sich herschieben, scheinen andere ständig getrieben zu sein von Veränderungsimpulsen – obwohl eigentlich alles in Ordnung ist. Wenn Sie sich von Selbstoptimierungsthemen, die Ihnen in den Medien oder im Gespräch mit Bekannten begegnen, unter Druck gesetzt fühlen, prüfen Sie zunächst Ihren individuellen Status Quo. Vielleicht haben Sie in vielen Bereichen gar keinen Bedarf an Optimierung, während Sie einen Bereich übersehen, dem etwas frischer Wind wirklich guttun würde. Notieren Sie zu nächst diverse Lebensbereiche auf einem Zettel, etwa Familie, Freundschaften, Beziehung und Liebe, Gesundheit, Hobbys und Freizeit, Finanzen, Reisen und Abenteuer, Sinn und Spiritualität sowie weitere Bereiche, die Ihnen einfallen. Wie erfüllt fühlen Sie sich in jedem dieser Bereiche? Vergeben Sie jeweils einen Wert von 0 bis 100 Prozent. Gehen Sie anschließend alle noch einmal durch und schreiben Sie auf, wie wichtig Ihnen jeder der Bereiche aktuell ist (von 0 = total unwichtig bis 10 = extrem wichtig). Das Ergebnis: Ändern Sie nur etwas in den Bereichen, die Ihnen sehr wichtig sind (8 und höher) und in denen Sie gleichzeitig nur wenig erfüllt sind (unter 50 Prozent)! Alle anderen Themen können Sie getrost so lassen, wie Sie sind – denn entweder sind Sie für Sie nicht sehr relevant oder aber Sie sind dabei bereits recht erfüllt.
 

2. Selbstakzeptanz: Sie sind bereits gut so, wie Sie sind

Ganz gleich, was Sie noch alles erreichen und wohin Sie sich noch entwickeln möchten: Die aktuelle Version Ihrer selbst ist bereits wertvoll, liebenswert und „vollkommen“. Es ist wichtig, diese Einstellung wirklich zu verinnerlichen und sich hier und jetzt so anzunehmen, wie Sie sind. Erst wenn man mag, wer man ist, kann man schätzen, was man hat oder erreicht. Ein positives Selbstwertgefühl ist im Übrigen die beste Grundlage, um zukünftige Entwicklungsvorhaben gelingen zu lassen. Denn die weit verbreitete Annahme „Ich werde glücklich sein bzw. mich selbst lieben können, wenn ich erst mein Ziel erreicht habe.“ stellt sich meist als Irrtum heraus: Wer ein negatives Selbstbild hat und an sich stets nur den Mangel sieht, wird auch nach Erfolgserlebnissen nicht lange mit sich zufrieden sein, sondern bereits den nächsten optimierungsbedürftigen Aspekt ins Auge fassen. Während eine solche Unzufriedenheit im Positiven als Antriebskraft genutzt werden kann, müssen wir unbedingt eine Balance herstellen und gleichermaßen das wertschätzen, was wir bereits sind, können und haben. Sind Sie jemand, der gefühlt nie mit sich selbst zufrieden ist, der immer noch etwas an sich auszusetzen hat? Dann wirken Sie bewusst entgegen, zum Beispiel mit einem „Ich bin toll!“-Notizbuch, in das Sie Erfolgserlebnisse, schöne Erfahrungen und positives Feedback von anderen eintragen. Das hilft Ihnen beim Verschieben Ihres Fokus. Achten Sie außerdem auf einen liebevollen Selbstdialog: Immer, wenn sich Ihr innerer Kritiker zu Wort meldet, zum Beispiel mit „Du kannst das noch nicht gut genug! Das geht noch viel besser!“, schließen Sie eine ermutigende Aussage Ihres „inneren Motivators“ an, etwa „Für die wenige Erfahrung damit hast du das schon richtig toll gemacht! Darauf kannst du stolz sein!“. 
 

3. Aus der Vergangenheit lernen: herausarbeiten, was bereits funktioniert hat

Veränderung und Entwicklung sind nur nachhaltig, wenn Sie sie langfristig gerne in Ihren Alltag integrieren. Nehmen Sie also eine „umgekehrte“ Selbstoptimierung vor: Statt sich neue Fähigkeiten anzueignen, die Ihnen noch fehlen, „optimieren“ Sie Ihr Leben, indem Sie bevorzugt das zum Einsatz bringen, was Sie bereits sehr gut können und gerne machen! Blicken Sie in Ihre Vergangenheit, um diese Fähigkeiten, Talente und Eigenschaften aufzuspüren. Die folgenden Fragen bringen Sie auf die richtige Spur:

  • Wie habe ich Veränderungsvorhaben in der Vergangenheit erfolgreich bewältigt? Welche Maßnahmen fallen mir generell leicht? Beispiel: Wenn Sie gerne früh aufstehen, nutzen Sie die Zeit, um zehn Minuten zu meditieren. Oder sollten Sie gerne joggen gehen, hören Sie statt Musik mal einen Podcast. Wenn Sie ein Morgenmuffel sind, dann nehmen Sie sich nicht vor, dem „5 am Club“ beizutreten, sondern verlagern Sie Ihre Wunschaktivitäten oder neuen Gewohnheiten auf Zeiten, in denen Sie ohnehin gerne produktiv sind. 
  • In welchen Situationen haben Sie eine „Peak Performance“ abgeliefert, waren also so richtig erfolgreich und „in Ihrem Element“ bei einer Aufgabe?
  • Bei welchen Tätigkeiten vergessen Sie Zeit und Raum, weil Sie so sehr darin versinken?
  • Wofür bekommen Sie immer wieder Lob von anderen?
  • Welche Aktivitäten helfen Ihnen dabei, sich zu entspannen?
  • Was fällt Ihnen leicht (leichter als anderen)?
  • Wobei fragen Ihre Freunde Sie gerne um Rat?
  • Welchen Teil eines Projekts übernehmen Sie am liebsten (zum Beispiel kreative Ideenfindung, systematische Detailplanung, akkurate Ausführung …)?
  • Und schließlich: Wie können Sie Ihr (Arbeits-)Leben so gestalten, dass Ihre Fähigkeiten noch mehr zum Einsatz kommen und Sie dauerhaft aus Ihren Stärken schöpfen können?
     

4. Zukunftsvision: positiv und persönlich

Man trifft vor allem Ziele, die man kennt. Wenn Sie wissen, woran in Ihrem Leben Sie wirklich etwas verbessern möchten, benennen Sie anschließend konkrete, messbare Ziele und betten Sie diese in eine anschauliche Zukunftsvision ein. Formulieren Sie dazu zunächst Ihre Ziele, am besten in der Gegenwart, positiv und genau, also beispielsweise „Ich gehe montags, mittwochs und freitags eine Stunde lang ohne Pause joggen.“ (statt „Ich hätte gerne mehr Kondition.“). Gestalten Sie dann die Vision davon, wie Sie sich beim Erreichen Ihres Ziels fühlen möchten. Das können Sie schriftlich tun, indem Sie das Gefühl hinter Ihrem Ziel ebenfalls positiv und in der Gegenwart beschreiben: „Ich fühle mich fit und gesund. Im Alltag springe ich voller Energie die Treppen hoch und tolle mit den Kindern umher. Beim Joggen genieße ich die Zeit für mich und bin dabei ganz im Flow …“ Zusätzlich können Sie ein Vision Board zusammenstellen, das Sie auch visuell daran erinnert, welche positiven Aspekte Sie mit Ihrem Ziel verbinden. Tragen Sie beispielsweise Bilder aus Magazinen, eigene Fotos oder Zeichnungen in einer großen Collage zusammen und hängen Sie diese an Ihre Wand. So werden Sie stets daran erinnert, warum Ihr Ziel für Sie persönlich wichtig und wertvoll ist.
 

5. Pausen machen: man kann auch mal „einfach nur leben“

Ganz egal, ob Sie herausgefunden haben, dass bei Ihnen aktuell ohnehin kein Veränderungsbedarf besteht, oder ob Sie „eigentlich“ noch bestimmte Ziele erreichen möchten, aktuell jedoch nicht die Energie dafür aufbringen können: Es ist nicht nur in Ordnung, sondern auch sehr wichtig, ab und zu Pausen einzulegen, in denen Sie sich entspannen und sich frei machen von sämtlichen Projekten und Vorhaben, die sonst Ihren Alltag bestimmen! Ob ein Tag, eine Woche oder ein Monat – solche „Leerlauf“-Zeiten sind wichtig, weil sie Psyche, Seele und Körper entlasten, uns regenerieren und unsere Akkus wiederaufladen lassen. Denn es kostet uns bis zu einem gewissen Grad immer mentale (und ggf. körperliche) Kapazität, uns selbst zum „richtigen“ Verhalten hin zu lenken (haben wir erst einmal Gewohnheiten etabliert, ist der Ablauf in gewisser Weise automatisiert, doch wenn diese zu streng sind, verfallen wir leicht in alte Muster). So ist es beispielsweise zwar ein hehrer Vorsatz, gar keinen Zucker mehr zu essen, und manchen gelingt es auch, diesen umzusetzen. Doch für viele ist das nicht realistisch und daher ist eine gemäßigte Version sinnvoll, beispielsweise nur einmal die Woche etwas Zuckerhaltiges zu essen oder aber ein paar zuckerfreie Monate im Jahr einzulegen o. ä. Schätzen Sie immer wieder auch wert, was Sie bereits erreicht haben, und lassen Sie es angesichts dieses Gefühls ruhig für eine Weile „gut sein“.
 

Fazit

Während nichts gegen die gute Intention von Selbstoptimierungsangeboten einzuwenden ist, sollten wir uns doch klarmachen, dass dahinter auch ein Geschäftsmodell steht: Wenn wir glauben, wir müssen noch an uns arbeiten und uns fehle noch etwas Wichtiges, dann geben wir Geld für entsprechende Hilfsmittel aus. Daher gilt: Fangen Sie lieber bei sich selbst, in Ihrem Inneren an. Fragen Sie sich, ob Sie den neuesten Selbstoptimierungstrend wirklich brauchen, und wenn ja, ob Sie nicht bereits bestehende Ressourcen aktivieren und Erkenntnisse nutzen können, um einen eigenen Weg mit dem Thema zu finden (zum Beispiel statt den neuesten Fitnesstrend mitzumachen einfach laufen zu gehen). So abgedroschen es klingen mag, so wahr ist es: Denken Sie daran, dass in Ihnen schon alles steckt, was es für ein gutes Leben braucht. Selbstoptimierungstools können Sie weiterbringen – Sie sind auf diese jedoch nicht angewiesen. 

 

Die wichtigste Grundlage für beruflichen Erfolg und persönliche Zufriedenheit bildet eine Lebensführung in Übereinstimmung mit Ihrer Persönlichkeit. Sie zu kennen, ist der erste Schritt. Mit unserem kostenfreien Schnuppertest bieten wir Ihnen die Möglichkeit, ihn zu gehen und einen ersten Einblick in Ihr Inneres zu erhalten.

Das könnte Sie auch interessieren