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Selbstführung – ein essenzieller Skill, nicht nur für Führungskräfte

Selbstführung – ein essenzieller Skill, nicht nur für Führungskräfte

Wer erfolgreich eine Gruppe von Menschen führen möchte, muss zunächst sich selbst kennen und im Griff haben. Ragnhild Struss verrät, warum Selbstführung die Grundlage für gute Führung ist.

„Gute Führung beginnt mit gelungener Selbstführung.“ – diesen Satz haben Sie vielleicht schon einmal gehört. Weil wir davon überzeugt sind, dass alles im Innen beginnt, stimmen wir dem hundertprozentig zu: Die eigene Psyche mit allen Persönlichkeitsanteilen, Einstellungen und Glaubenssätzen, mit individuellen Talenten, Stärken und Fähigkeiten sowie mit persönlichen Werten und Bedürfnissen bestimmt, wie sich unsere äußere Lebenssituation gestaltet. Zur Veranschaulichung dieses Zusammenhangs ein Beispiel für ungenügende Selbstführung und die Konsequenzen:

Ein Teamleiter ist leicht reizbar und handelt oft impulsiv. Er lässt sich häufig von seinen schnell wechselnden Emotionen leiten, reagiert hektisch und genervt auf herausfordernde Situationen und zeigt deutlich seine Frustration, wenn Dinge nicht nach Plan laufen. Generell weist er ein hohes Anspannungsniveau auf und wird auch mal laut, wenn seine Gefühle überkochen. Seine mangelnde Selbstführung hat zur Folge, dass das Team in einem Klima der Unsicherheit und Angst arbeitet: Teammitglieder zögern, ihre Gedanken und Ideen zu teilen, da sie befürchten, negativ bewertet oder kritisiert zu werden. So werden Kreativität und Innovation gehemmt, was langfristig nicht nur das Wohlbefinden der Teammitglieder und die Moral des ganzen Teams beeinträchtigt, sondern auch die Produktivität mindert. 

Das Beispiel zeigt, dass gelungene Selbstführung das Fundament für effektive Führung bildet. Denn wer sich selbst „im Griff“ hat, schafft als Führungskraft nicht nur eine positive Arbeitsatmosphäre, sondern fördert als Vorbild auch die Entwicklung von Selbstführungsfähigkeiten bei seinen Teammitgliedern. Grund genug, Führung nicht nur im klassischen Sinne als Anleiten anderer und Bewerten ihrer Leistungen zu verstehen, sondern bei sich selbst damit zu beginnen. 

Was genau versteht man unter Selbstführung?

Selbstführung steht für die Fähigkeit, das eigene Denken, Fühlen und Handeln sowie die persönliche berufliche Entwicklung selbstständig und proaktiv zu gestalten. Der Schlüssel dafür liegt einerseits darin, sich selbst hinreichend zu kennen und eigene Gefühle bewusst wahrnehmen und entschlüsseln zu können. Zudem bedeutet erfolgreiche Selbstführung, sich selbst motivieren zu können, ohne von außen angetrieben oder kontrolliert werden zu müssen, und sein Handeln gemäß der eigenen Persönlichkeit steuern und auf ein bestimmtes Ziel hin ausrichten zu können (selbst gesetzt oder im Rahmen einer beruflichen Rolle). Dazu gehört auch die Fähigkeit zur Selbst- und Emotionsregulation: Statt Impulsen im Moment nachzugeben, ist es essenziell zur Erreichung langfristiger Ziele, die eigenen aufkommenden Gefühle wahrzunehmen, zu verarbeiten und in konstruktive Bahnen zu lenken. Man „führt“ auf diese Weise das eigene Verhalten und handelt weniger im Affekt.

Zusammengefasst geht es bei Selbstführung darum, die eigene Authentizität zu finden, sein Leben bewusst so auszurichten, dass es zur eigenen Person passt und sein Denken, seine Gefühle und sein Verhalten so zu steuern, dass die angestrebten Ziele erreicht werden können.

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Welche Voraussetzungen müssen für effektive Selbstführung gegeben sein?

Es gibt ein paar psychische Kompetenzen und Einstellungen, die unabdingbar sind, wenn man sich selbst erfolgreich führen möchte. 

1. Selbsterkenntnis

Nur, wer sich selbst und das eigene Denken, Fühlen und Handeln gut kennt, kann auf Basis dieses Bewusstseins an sich arbeiten. Aus dieser Selbsterkenntnis ergeben sich die persönlichen Wünsche, Werte, Prioritäten und Ziele. Es ist wichtig festzuhalten, dass Selbstreflexion ein fortlaufender Prozess ist und gelungene Selbstführung entsprechend die wiederholte Beantwortung der Frage „Wer bin ich?“ erfordert. Die Bereitschaft zur persönlichen Weiterentwicklung sollte permanent gegeben sein. Wer sich selbst gut kennt, kann zur eigenen Persönlichkeit und den individuellen Fähigkeiten passende Aufgaben übernehmen oder entsprechende Fortbildungen besuchen, um seinen Kompetenzbereich zu erweitern. Selbsterkenntnis ist also der Schlüssel für persönliches und fachliches Wachstum.

2. Selbstmitgefühl

Ebenfalls zentral für gute Selbstführung ist ein guter Kontakt mit sich selbst, also einerseits das empathische In-sich-Hineinfühlen als auch die Akzeptanz eigener Gefühle und Bedürfnisse. „Wie sieht es in meinem Innenleben aus, welche Emotionen nehme ich wahr und was möchten sie mir mitteilen?“ sollte eine regelmäßig an sich selbst gestellte Frage sein. Dazu gehört auch ein geduldiges Annehmen der eigenen Stimmungslagen und ein liebevoller Umgang mit sich selbst: Gerade in schwierigen Situationen ist es vor allem unser inneres Kind, welches sich mit intensiven Gefühlen wie Trotz, Wut, Verletzung oder Scham meldet und – genau wie ein Kind – sanft und verständnisvoll begleitet werden will. Das gelingt, indem wir ruhig bleiben, statt uns selbst zu hetzen, unter Druck zu setzen oder gar zu bestrafen. Zu effektiver Selbstführung gehören entsprechend auch die Akzeptanz der eigenen Verletzlichkeit und ein adäquater Selbstschutz.

3. Selbstverantwortung

So wie eine Führungskraft für andere Verantwortung trägt, muss für Selbstführung Eigenverantwortung übernommen werden: Sich selbst zu steuern, bedeutet auch, die Antworten für äußere Bedingungen und Herausforderungen in sich selbst zu finden – dies steckt bei genauerer Betrachtung bereits im Begriff „VerANTWORTung“ oder im englischen „responsibility“, verstanden als „ability to respond“. Es geht darum, sich selbst um das eigene Wohlbefinden und den eigenen Erfolg zu bemühen und in seinem Handeln autonom zu sein. Dies kann sich beispielsweise darin äußern, dass eine Führungskraft für sich und ihr Team proaktiv Ziele setzt, die über die Mindeststandards des Unternehmens hinausgehen (hierzu passt auch der Begriff „Intrapreneurship“, also in jeder beruflichen Rolle eine unternehmerische Haltung an den Tag zu legen). Selbstverantwortung zeigt sich außerdem darin, dass die Führungskraft eigene Fehler erkennt und offen kommuniziert, statt die Schuld im Außen oder bei anderen zu suchen.

4. Selbstmanagement

Schließlich braucht gute Selbstführung methodische Fähigkeiten, um die angestrebten Ziele auch Realität werden zu lassen. Hierzu zählen zum Beispiel Selbstdisziplin, um auch bei widrigen Umständen und unabhängig von wechselnden Launen bei Aufgaben am Ball zu bleiben, sowie ein gelungenes Zeitmanagement und die Fähigkeit zur Eigenmotivation. Auch Planungs- und Organisationskompetenzen fallen unter diesen Bereich.

Welche Vorteile bringt gelungene Selbstführung mit sich? 

Selbstführungsstarke Personen können auch in Momenten hoher Emotionalität souverän bleiben und lassen sich weniger leicht aus der Fassung bringen. Sie können gut mit Drucksituationen umgehen und es fällt ihnen leichter, die Sach- von der Personenebene zu trennen. Weil sie durch ihr Selbstbewusstsein zum Beispiel weniger auf Lob und Bestätigung von außen angewiesen sind, sind sie von anderen Menschen unabhängiger. Das macht sie weniger anfällig dafür, zum Spielball anderer zu werden. Gleichzeitig zeigen selbstführungsstarke Personen mehr Verständnis für andere: Wer die eigenen Verletzlichkeiten liebevoll anerkennt, kann sie auch besser in anderen erkennen und akzeptieren. So können sie ihre Mitarbeiter*innen dabei unterstützen, sich selbst besser kennenzulernen und gut zu führen.

Wer sich selbst gut kennt, kann leichter Entscheidungen treffen, flexibler auf äußere Umstände reagieren und mit hoher Integrität zu den eigenen Werten stehen. So wirken selbstführungsstarke Personen oft geradlinig und vertrauenswürdig und führen als Vorbilder. Sie weisen ein gutes Energiemanagement auf und es gelingt ihnen besser, Umstände gemäß eigener Präferenzen und Bedürfnisse zu gestalten. Kurzum: Führungskräfte, die sich ihrer eigenen Stärken, Schwächen, Emotionen und Auslöser bewusst sind, können effektiver mit Stress umgehen und konstruktive Arbeitsbeziehungen aufbauen – was sie generell zu erfolgreicheren sowie angenehmeren Führungskräften macht.

Eine selbstverantwortlich agierende Führungskraft fördert die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen innerhalb eines Teams. Wer bereit ist, Verantwortung für seine Entscheidungen und Handlungen zu übernehmen, wird eher respektiert und nachgeahmt. Solche Menschen inspirieren andere durch selbstbewusstes Handeln, mentale Stärke und Resilienz, Klarheit in Denken, Sprache und Taten, Konfliktfähigkeit und Fokus – sowohl Vertrauen in die Führungskraft als auch das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten kann durch ein solches Vorbild gedeihen.

Im zweiten Teil dieses Artikels erfahren Sie, woran man eine unzureichende Selbstführungskompetenz erkennt, welche Folgen sie hat und wie Sie Ihre Fähigkeit zur Selbstführung trainieren können.

 

Die wichtigste Grundlage für beruflichen Erfolg und persönliche Zufriedenheit bildet eine Lebensführung in Übereinstimmung mit Ihrer Persönlichkeit. Sie zu kennen, ist der erste Schritt. Mit unserem kostenfreien Schnuppertest bieten wir Ihnen die Möglichkeit, ihn zu gehen und einen ersten Einblick in Ihr Inneres zu erhalten.

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