#Persönlichkeitsentwicklung

Erfolgsfaktor Zielsetzung: Warum es so wichtig ist, auf etwas hinzuarbeiten

Erfolgsfaktor Zielsetzung: Warum es so wichtig ist, auf etwas hinzuarbeiten

Nur wer weiß, wo sie*er ankommen möchte, kann den richtigen Weg wählen. Ragnhild Struss erläutert die Kraft guter Zielsetzung und wie es uns gelingt, Ziele optimal zu formulieren und so zu agieren, dass wir sie auch erreichen.

Regelmäßig Sport treiben, mehr Zeit für Familie und Freunde einplanen und ein eigenes Buch schreiben: Wir alle setzen uns in Momenten der Motivation bestimmte Ziele, die dann aber häufig auf unserer mentalen To-Do-Liste verstauben. Ist es also sinnvoll, überhaupt Ziele zu definieren? Auf jeden Fall, doch es kommt auf das „Wie“ an. Sich keinerlei berufliche und private Ziele zu setzen, ist wie auf dem Fluss des Lebens mit einem Floß ohne Ruder oder Paddel unterwegs zu sein: Man treibt dahin, ohne zu wissen, wo man eines Tages ankommt. Ein klares Ziel vor Augen zu haben, das den inneren Wünschen entspricht, fungiert hingegen wie ein Leitstern, der den richtigen Weg weist – es motiviert, das Ruder in die Hand zu nehmen und sich dorthin zu navigieren, wo man wirklich ankommen möchte. Deshalb lohnt es sich zu lernen, richtig Ziele zu setzen und nachhaltig bei deren Erreichung am Ball zu bleiben.

Was genau ist eigentlich ein Ziel?

Ein Ziel ist eine Art Soll-Zustand in der Zukunft, auf dessen Erreichen wir bewusst unser Handeln, Verhalten und Denken ausrichten. Dafür müssen wir uns entweder bestimmte neue Verhaltensweisen angewöhnen oder Handlungen und Muster, die uns von unserem Ziel abhalten, unterlassen. Anhand der zugrundeliegenden inneren Motivation lassen sich zwei Arten von Zielen unterscheiden: Bei Hin-Zu-Zielen treibt uns die Vision eines erstrebenswerten künftigen Zustands an. Es findet eine Annäherungsbewegung statt und wir generieren bewusst Aktionen, die uns unserer Zielerreichung näherbringen. Der zugrundeliegende, antreibende Gedanke ist „Ich möchte das haben bzw. werden.“, wobei „das“ in der Zukunft liegt. Typische Beispiele: einen Masterabschluss absolvieren, ein Haus auf dem Land besitzen, ein bestimmtes Wunschgewicht erreichen. 

Die zweite Art kann als Von-Weg-Ziele bezeichnet werden: Hier stört uns etwas an unserer aktuellen Situation und mithilfe einer Vermeidungsbewegung versuchen wir, diesen unerwünschten Zustand hinter uns zu lassen. Damit dies gelingt, müssen wir vor allem ungünstige Handlungen zurückhalten. Das zugrundeliegende Gefühl ist „Ich möchte das nicht mehr.“, wobei „das“ den aktuellen Zustand beschreibt und nicht immer klar ist, wie genau die Zukunft aussieht – Hauptsache, das aktuell Störende wird eliminiert. Typische Beispiele hierfür: mit dem Rauchen aufhören, den nervigen Job kündigen, die unglückliche Beziehung beenden. Es sei angemerkt, dass auch Hin-Zu-Ziele zum Teil Vermeidungsbewegungen erfordern – beispielsweise, wenn man Smartphone und Netflix vermeidet, um konzentriert für seine Prüfung lernen zu können – und dass umgekehrt Von-Weg-Ziele manchmal Aktion erfordern – zum Beispiel einen neuen Job zu suchen und zu kündigen. Es ist bei jedem Ziel hilfreich, sich selbst klarzumachen, welche Motivation zugrunde liegt und welche Aktivitäten oder Vermeidungsstrategien Sie beim Erreichen unterstützen.

Warum sollten wir uns Ziele setzen?

Wer sich Ziele setzt und diese erreicht, nimmt die Gestaltung seines Lebens und seiner Zufriedenheit in die eigene Hand, statt diese dem Zufall zu überlassen. Es steigert nachhaltig Ihr Selbstwirksamkeitsgefühl, wenn Sie etwas, das Sie wirklich wollen, aus eigener Kraft erreichen – nicht nur können Sie sich über die Zielerreichung selbst freuen, sondern Sie können stolz auf Ihr Durchhaltevermögen sein und sich darauf verlassen, dass Sie auch weitere Ziele erreichen werden. Die Wirkung ist also gleich auf mehreren Ebenen positiv und motivierend. Lernen, Fortschritt und Weiterentwicklung können Sie proaktiv steuern, indem Sie entsprechende Ziele formulieren. Das verhilft Ihnen sowohl beruflich als auch privat zu mehr Erfolg und Erfüllung. Wichtig dabei: Je mehr Sie über richtige Zielsetzung wissen, desto besser können Sie sie auf Ihre Person und Ihr individuelles Anliegen abstimmen. Und das sollten Sie unbedingt tun, denn mit dem für Sie passenden Mechanismus gelingt es Ihnen wesentlich einfacher und effizienter, am Ende auch wirklich die Ziellinie zu erreichen.

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Richtige Zielsetzung beginnt mit der richtigen Zielauswahl

Dass es unzählige Arten der „falschen“ Zielsetzung gibt, zeigen gescheiterte Neujahrsvorsätze, nach drei Monaten abgebrochene Fitnessstudiobesuche und im Regal verstaubende Musikinstrumente. Damit das nicht passiert, ist zunächst die grundlegende Frage wichtig: „Welches Ziel will ich überhaupt erreichen?“ Um möglichst viel Energie in das aktuell wichtigste Ziel zu stecken, ist es wichtig, nicht zu viele verschiedene Ziele zu definieren, die man gleichzeitig anstrebt. Denn Untersuchungen zeigen, dass das die Wahrscheinlichkeit, auch nur eines der Ziele in absehbarer Zeit hinreichend zu erreichen, minimiert. So sollte man im ersten Schritt unbedingt ausreichend Zeit in die Bestimmung desrelevantesten Ziels investieren. Selbst wenn einem mehrere Ziele einfallen, sollte man eines priorisieren und sein Erreichen zunächst einmal über die anderen Ziele stellen.

Doch wie entscheidet man, mit welchem Ziel man starten möchte? Dafür lohnt sich die Frage, welche Veränderung die größte Hebelwirkung für die Lebenszufriedenheit hat: „Mit welchem Ziel verbinde ich das Gefühl, das mir am erstrebenswertesten erscheint?“, könnte als Frage auf die richtige Spur führen. In der Regel erarbeitet man so ein Hin-Zu-Ziel, das gleichermaßen dringend und wichtig ist. Eine weitere Frage kann sein: „Was ist die eine Sache, von der ich weiß, dass ich sie ändern sollte, es aber nicht tue?“ Meist ist die Antwort ein Hinweis darauf, welches Von-Weg-Ziel als nächstes im eigenen Leben ansteht.

Schließlich kann auch eine schriftliche Liste mit allem, was man sich wünscht und erreichen möchte, helfen. Nach und nach dürfen alle Punkte durchgestrichen werden, bei denen man bereit ist, die Erreichung noch ein bisschen zu verschieben. Am Ende sollte mit einem Highlighter markiert werden, welches Ziel als erstes angegangen werden möchte – diese Visualisierung hilft dabei, das Ziel als Priorität im Unterbewusstsein zu verankern.

Noch ein Zusatztipp: Um wirklich persönlich zu wachsen und das Erreichen des Ziels wahrscheinlicher zu machen, sollte das Ziel so formuliert sein, dass es ein ganz kleines bisschen über dem liegt, was man im Moment glaubt, erreichen zu können. Wollen Sie beispielsweise ein Grafikprogramm erlernen, um eine bestimmte Art von Bildern zu erstellen, sagen Sie sich: „Mein Ziel ist: Ich beherrsche InDesign und kenne all seine Funktionen.“ Es hilft, höher zu zielen, um das eigentlich Angestrebte in jedem Fall zu erreichen.

So klappt’s – praktische Tipps für eine gelungene Zielerreichung

Das aktuell zu priorisierende Ziel ist ausgewählt und Sie sind bereit, in seine Richtung loszusprinten? Sehr gut, doch zum einen sollte man sich bewusst machen, dass Zielerreichung in den meisten Fällen eher einem Marathon als einem Sprint gleicht, und zum anderen ist es wichtig, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, um unterwegs nicht aus der Puste zu geraten. Die folgenden Tipps helfen dabei. Sehen Sie den folgenden Abschnitt als eine Übung. Am besten, Sie rufen sich Ihr Vorhaben in Erinnerung, nehmen Stift und Zettel zur Hand und notieren für jeden Tipp individuell passende Formulierungen. 

1. Ziele S.M.A.R.T. formulieren

„Ich will weniger arbeiten.“ – auch wenn einem das möglicherweise als Ziel in den Kopf kommt, ist es doch auf eine sehr ungünstige Weise formuliert, die der Zielerreichung nicht förderlich ist. Beginnen Sie damit, dass Sie Ihr Ziel in der Gegenwart formulieren, so, als haben Sie es schon erreicht (z. B. „Ich arbeite weniger.“ oder „Ich bin im Job sichtbarer.“) – das hilft Ihnen dabei, das mit dem Ziel verknüpfte positive Gefühl als Antrieb zu nutzen. Achten Sie bei Ihrer Zielbenennung außerdem auf die S.M.A.R.T.-Formel: Sie ist ein Akronym und steht für Adjektive, die beschreiben, worauf es bei der Formulierung ankommt. 

S für spezifisch bzw. schreiben: Je konkreter man den ersehnten Zustand oder das gewünschte Ergebnis benennen kann, desto besser weiß man, wohin die Reise eigentlich gehen soll und wann man am Ziel angekommen ist. Das Ziel aufzuschreiben, ist deshalb der erste Schritt zu seiner Erreichung. 

Beispiele: 

  • „Ich halte meinen Vertrag der 40-Stunden-Woche ein, indem ich jeden Tag um 17:00 Uhr das Office verlasse.“
  •  „Ich habe eine hohe Sichtbarkeit im Beruf, weil ich in jedem Meeting mindestens zwei Beiträge leiste.“
  • „Ich übe jede Woche am Mittwoch- und Freitagabend zwei Stunden lang Gitarre.“

M für messbar: Quantitativ oder qualitativ messbare Ziele lassen erkennen, ob und wie gut sie erreicht wurden. Zur Unterstützung der Messbarkeit kann man auch einen Vergleich zum aktuellen Zustand nutzen. 

Beispiele: 

  • „Ein Wecker, der um 16:30 Uhr klingelt, erinnert mich daran, meine Sachen zu packen und meine Arbeit für den Tag zu beenden. Für jeden Tag, an dem mir das gelingt, mache ich abends ein X in meinen Kalender.“
  • „Ich tracke in meiner Habit Tracker App, ob ich mindestens eine projektbezogene E-Mail pro Tag an meine Vorgesetzte schicke, um meine Sichtbarkeit zu erhöhen.“ 
  • „Ich treffe mich jede Woche einmal öfter mit einem Freund oder einer Freundin, als es jetzt der Fall ist.“ 

A für attraktiv: Gerade, wenn man zur Erreichung anfangs anstrengend wirkende neue Angewohnheiten etablieren oder aber liebgewonnene Muster aufgeben muss, braucht man ein motivierendes Ziel, eines, auf das man Lust hat und für das sich diese „Opfer“ gefühlt lohnen. 

Beispiele: 

  • „Ich mache pünktlich Feierabend und kann so jeden Abend eine Stunde Me-Time für schöne Aktivitäten einplanen, zum Beispiel etwas kochen mit meinem Partner / meiner Partnerin oder ins Kino gehen.“
  • „Ich fühle mich stolz und selbstwirksam, wenn ich in jedem Standup-Meeting davon berichte, an welchen Aufgaben ich gerade arbeite.“
  • „Ich fühle mich gesund, energiegeladen und schön, weil ich mir jeden Abend ein gesundes Essen mit viel Gemüse und fettarmem Protein koche.“ 

R für realistisch: Überfordert man sich mit der eigenen Zielsetzung, wirkt das demotivierend und macht es unwahrscheinlich, dass das Vorhaben gelingt. Besser ist zu überlegen, was in der geplanten Zeit und mit den aktuellen Mitteln wirklich machbar ist. 

Beispiele: 

  • „Bitten, die meine Arbeitszeit überschreiten würden, lehne ich höflich mit dem Satz ab `Da ich momentan bereits an der Kapazitätsgrenze arbeite, kann ich diese Aufgabe nicht zusätzlich übernehmen`.“ 
  • „Ich stelle in drei Monaten ein großes Projekt fertig und präsentiere es den anderen am Team-Tag.“ statt „Ich realisiere fünf Projekte in der Zeit.“
  • „Bis Januar schaffe ich es, zwei Mal die Woche für jeweils 30 Minuten joggen zu gehen.“ statt „In zwei Monaten laufe ich meinen ersten Marathon.“

T für terminiert: Für seine Ziele eine gut umsetzbare Deadline zu bestimmen, baut das nötige Momentum auf und bewahrt davor, dass man monate- oder gar jahrelang die Zielerreichung aufschiebt. 

Beispiele: 

  • „Bis Ende des Jahres habe ich 50 % meiner angefallenen Überstunden abgebaut.“
  • „Bis zum 31. März habe ich einen Vorschlag für ein neues Kundenbindungssystem bei meiner Vorgesetzten eingereicht.“
  • „In genau einem Jahr habe ich 20 kg abgenommen.“

Weitere Tipps: Unser Unbewusstes kann Negationen nicht gut verarbeiten bzw. „überhört“ diese. Sagen wir also „Ich will keine Angst mehr haben.“, legt unser Gehirn den Fokus auf den Begriff „Angst“. Besser ist immer eine positive Formulierung des angestrebten Zustands, zum Beispiel „Ich handle mutig und vertraue auf meine Fähigkeiten.“. Außerdem ist es hilfreich, wenn die Zielformulierung viele Verben und somit Aktionen enthält, denn sie zeigen auf, was konkret getan werden muss, zum Beispiel „Ich gehe jeden Tag mindestens 8.000 Schritte.“ statt „Ich fühle mich fitter.“. Deshalb ist es auch so wichtig, die für die Zielerreichung benötigten Handlungen oder Handlungsunterlassungen zu durchdenken und alle in die Zielformulierung miteinzubinden. Fragen Sie sich: „Was ist die Aktion, die ich am meisten durchführen muss, und wie viel Zeit muss ich dafür genau täglich oder wöchentlich aufwenden, um mein Ziel zu erreichen?“

2. Mit Visualisierung im Ziel „baden“

Bei dem, was wir uns vornehmen, geht es uns um ein bestimmtes Gefühl. Ziele sind deshalb erstrebenswert, weil wir damit eine bestimmte Art, uns zu fühlen, verbinden. Daher wirkt es motivierend, sich ausführlich auszumalen, wie schön sich die Zielerreichung anfühlen wird – als „Tagtraum“, begleitet von den entsprechenden positiven Empfindungen. Damit diese Methode funktioniert, ist jedoch folgendes wichtig: Stellen Sie sich nie nur vor, wie Sie bereits am Ziel angekommen sind, sondern immer auch den Weg dorthin! Visualisieren Sie, wie Sie alles tun, was nötig zur Zielerreichung ist, alle vorab überlegten Aktionen. Denken Sie dann dezidiert darüber nach, was der Zielerreichung im Weg steht, und überlegen Sie schon heute, wie Sie diese Hindernisse überwinden können. Malen Sie sich beispielsweise vor Ihrem inneren Auge aus, wie Sie morgens um 5:30 Uhr joggen gehen oder wie Sie beim Arbeiten Ablenkungen eingrenzen, zum Beispiel Ihr Handy in den Flugmodus schalten, im Supermarkt die Süßwarenabteilung meiden, etc. Stellen Sie sich schließlich ausgiebig vor, wie schlecht es sich anfühlen würde, wenn Sie Ihr Ziel nicht erreichen. Spüren Sie innerlich, was der Preis dafür wäre, das Ziel nicht Wirklichkeit werden zu lassen, zum Beispiel wie Sie in einem Job genervt sind, der nicht zu Ihnen passt, weil Sie sich nicht genug auf die schwierigen Abschlussprüfungen in Ihrem Traumfach vorbereitet haben.

3. Sich die Zeit zum Freund machen

Menschen haben einen unterschiedlichen Umgang mit Zeit. Für die Zielsetzung ist es deshalb wichtig, für sich zu beantworten, welcher Zeithorizont beflügelt. Fragen Sie sich: „Motivieren mich am meisten kurzfristige, mittelfristige oder langfristige Ziele?“ Viele Menschen können nur schwer dauerhaft Motivation aufbringen für Ziele, die sehr weit in der Zukunft liegen (zum Beispiel „Sparen für die Rente“, wenn man gerade 19 Jahre alt ist). Das liegt auch daran, dass wir keinen Fortschritt messen können, wenn wir keine Zwischenziele definieren (im Beispiel: etwa eine bestimmte Summe ansparen, bis man 25 ist bzw. jeden Monat einen bestimmten Prozentsatz des Nettoeinkommens zurücklegen). Immer wieder zu erkennen, dass wir auf unserem Weg zur Zielerreichung vorankommen, ist unabdingbar, um am Ball zu bleiben – ausbleibender oder nicht messbarer Fortschritt macht wütend, frustriert oder traurig und lässt uns leichter aufgeben. Deshalb ist die Salamitaktik empfehlenswert: Brechen Sie größere Ziele unbedingt als „Milestones“ in Jahresziele herunter, unterteilen Sie diese dann in Quartalsziele und diese wiederum in monatliche und wöchentliche Ziele. Tragen Sie all diese Zwischenziele in Ihrem Kalender ein. Auf diese Weise wird klar, was „heute getan werden muss, um das Ziel von morgen zu erreichen“ – auch wenn dieses metaphorische „Morgen“ in weiter Ferne liegt.  

4.  Alles eine Frage der Gewohnheit

Handelt es sich nicht um sehr kurzfristige Ziele, erfordert Zielerreichung meist Ausdauer. Doch Ressourcen wie Motivation, Energie, Begeisterung und sogar Willens- und Entscheidungskraft sind irgendwann erschöpft bzw. schwanken im Zeitverlauf – den Effekt kennen alle, die zu Beginn einer Diät noch hochmotiviert sind und nach ein bis zwei Wochen abends den Spaghetti nicht widerstehen können. Wenn wir uns also nicht darauf verlassen können, dass uns alleine unsere Motivation durch den „Marathon“ zum Ziel trägt, was hilft dann? Die Antwort: gute Gewohnheiten. Denn Gewohnheiten sind Verhaltensweisen, die wir automatisch wiederholen, ohne immer wieder darüber nachdenken zu müssen – sie kosten unsere Psyche also weniger Energie. Gelingt es uns, uns Aktivitäten, mit denen wir unserem Ziel näherkommen, anzugewöhnen sowie uns hinderliche abzugewöhnen, haben wir viel gewonnen. 

In seinem Buch „Atomic Habits“ gibt der amerikanische Autor James Clear wertvolle Tipps, wie man Gewohnheiten für sich nutzen kann. Schon eine 1-prozentige Änderung unseres Verhaltens, also ab jetzt jeden Tag eine kleine hilfreiche Sache zu tun, summiert sich im Laufe eines Jahres und hat einen großen Effekt in Bezug auf unsere Zielerreichung (zum Beispiel jeden Tag fünf Minuten Meditieren, eine halbe Stunde Spazierengehen oder eine Viertelstunde Zeitunglesen). Überlegen Sie also, welche kleinen Veränderungen Sie vornehmen können, die Sie langfristig und kontinuierlich Ihrem Ziel näherbringen. Beispielweise könnten Sie sich angewöhnen, jedes Meeting mindestens 10 Minuten lang mit eigenen Notizen vorzubereiten. Das ist nicht viel Aufwand, sorgt aber dafür, dass die Qualität Ihrer Beiträge stetig steigen wird. Gleichzeitig betont Clear, dass es gar nicht so sinnvoll ist, sich Ziele im Sinne von einmal erreichbaren Zuständen zu setzen, also etwa „Ich schaffe es, eine Stunde am Stück zu joggen.“. Denn wie geht es weiter, wenn das Ziel erreicht wurde? Nachhaltiger ist es, sich gute Gewohnheiten zum Ziel zu machen (sogenannte „Systeme“) und auf diesen basierend eine neue Identität anzustreben, also etwa „Ich laufe jeden zweiten Tag, weil es mir so guttut; ich bin eine Läuferin.“. 

Schließlich nennt Clear vier Tipps, wie man sich Gewohnheiten einfacher aneignen kann: Man muss sie offensichtlich machen, zum Beispiel die Sportschuhe gut sichtbar im Flur platzieren; sie müssen attraktiv sein, etwa indem man beim Laufen eine tolle eigene Playlist hört, danach ein heißes Bad nimmt o. ä. Außerdem sollte die neue Gewohnheit einfach sein, beispielsweise lieber eine Laufstrecke wählen, die direkt vor der Haustür beginnt, als extra irgendwo hinfahren zu müssen. Clear empfiehlt für einen leichteren Einstieg zudem, jede neue Gewohnheit erst einmal für nur zwei Minuten am Tag umzusetzen, beispielsweise anfangs einfach nur täglich seine Laufschuhe anzuziehen. Und es muss befriedigend sein, zum Beispiel, indem man den eigenen Erfolg trackt durch Aufzeichnen der Zeiten beim Laufen oder für jeden Lauf eine Murmel in ein schönes Glasgefäß legt und sich so seinen Erfolg visualisiert. Weitere Tipps dazu finden Sie im Buch „Atomic Habits“ (deutsche Ausgabe: „Die 1%-Methode“) von James Clear.

5. Den Fortschritt messen und Erfolge feiern

Um zu überprüfen, ob man weiterhin auf dem richtigen Weg ist, sollte man zum einen regelmäßig messen, welchen Fortschritt man bereits gemacht hat – daher ist es eben auch so wichtig, Ziele messbar zu formulieren. Und zum anderen sollte man das erfolgreiche Erreichen eines Zwischenziels unbedingt zelebrieren und sich dafür belohnen. Der Grund: Unsere Motivation wird dadurch aufrechterhalten bzw. wiederbelebt, dass wir für unsere Mühen mit guten Gefühlen belohnt werden (dabei wird in unserem Körper Dopamin ausgeschüttet, was uns dieses wohlige Belohnungsgefühl beschert). Belohnen wir uns jedoch ständig, nutzt sich der Effekt ab und wir gewöhnen uns an die immer wieder ausgeschütteten Dosen Dopamin, sodass sie – ähnlich wie bei einer Sucht – nicht mehr die gleiche positive Wirkung erzielen wie vorher. Daher ist es wichtig, dass wir uns nur ab und zu und quasi unvorhergesehen für bestimmte Zwischenziele belohnen bzw. allgemein eher selten. Am besten werfen Sie nach einem kleinen Erfolg eine Münze, die darüber entscheidet, ob Sie sich belohnen oder nicht. So seltsam es erscheinen mag: Überlassen Sie die Belohnung dem Zufall, motivieren Sie sich – ähnlich wie in einem Spielcasino – zusätzlich, weiter am Ball zu bleiben. Ebenfalls essenziell ist es, dass die gewählte Belohnung nicht unserem eigentlichen Ziel entgegenwirkt, beispielsweise sollten wir beim Ziel des Geldsparens als Belohnung also keine Shopping-Tour einplanen, bei Diät-Zielen unseren Erfolg nicht im nächsten Fast-Food-Restaurant zelebrieren und bei Leistungszielen im Beruf im Anschluss nicht blau machen. 

6. Einen „Buddy“ einspannen

Gemeinsam ist (fast) alles einfacher. Suchen Sie sich Menschen mit gleichen Zielen und lassen Sie sich auf dem Weg zum Ziel von Gleichgesinnten begleiten, um sich gegenseitig zu motivieren, zu unterstützen und Tipps auszutauschen. Es ist sogar hilfreich, einen „Buddy“ als eine Art „Kontrolleur*in“ zu engagieren – auch, wenn er*sie nicht mitmacht, befragt er Sie regelmäßig nach Ihren Fortschritten und zieht Sie in die Verantwortung. 

7. Nutzen Sie Ihre individuellen Motivatoren

Wir haben vor allem dann Lust, uns anzustrengen und Leistung zu bringen, wenn wir in unseren ganz persönlichen Motivatoren angesprochen werden. Überlegen Sie einmal, unter welchen inneren und äußeren Bedingungen Sie in der Vergangenheit erfolgreich waren und sich dabei absolut in Ihrem Element, motiviert und stark gefühlt haben. Wann beantworten Sie die innere Frage danach, ob Sie Lust haben zu leisten, mit einem beherzten „JA!“? Spornt es Sie an, wenn es etwas zu gewinnen gibt? Dann könnten Sie durch Wettbewerbssituationen motiviert sein. Lieben Sie das Gefühl, gemeinsam mit anderen etwas zu schaffen? Dann spornt Sie insbesondere Teamspirit an. Oder geben Sie richtig Gas, wenn Sie den Eindruck haben, Ihre Tätigkeit erfüllt einen höheren Zweck fürs Gemeinwohl? Dann sind Ideal und Sinn Motivatoren für Sie. Hat man einmal die eigenen Motivatoren aufgespürt, kann man dafür sorgen, dass die Zielerreichung in dazu passende Kontexte gesetzt wird, zum Beispiel eine Wette mit einem Kollegen, wer schneller das neue Grafikprogramm beherrscht, gemeinsamer Sport im Park in einer Gruppe Gleichgesinnter oder der Vorsatz, für jeden rauchfreien Tag eine bestimmte Summe an eine Charity-Organisation zu spenden.

Mythen-Check: Diese Maßnahmen helfen nicht bei der Zielerreichung

Es gibt einige gängige Tipps, die entgegen weit verbreiteter Überzeugung leider nicht dabei helfen, Ziele einfacher zu erreichen, oder sich sogar negativ auf die Zielerreichung auswirken können. 

  • Leichte Ziele: Tatsächlich sind Ziele besser zu erreichen, wenn sie eine kleine Herausforderung enthalten. Wenn es zu einfach wird, ist die mit dem Ziel verbundene positive Aufregung nicht groß genug, um ausreichend Motivation zu produzieren. Meist sind ohnehin sehr attraktive Ziele auch mit einem gewissen Aufwand verbunden – sonst hätte man sie schon längst erreicht.
     
  • Post-it am Spiegel zur Erinnerung: Visuelle Erinnerungen am Spiegel, Kühlschrank oder auf dem Schreibtisch führen nicht zu einer höheren Wahrscheinlichkeit, das Ziel zu erreichen, weil unser Gehirn sich an Konstanten in der Umgebung gewöhnt und die Post-its deshalb nach einer Zeit nicht mehr wahrnimmt. Besser funktioniert es, wenn solche visuellen Erinnerungen regelmäßig erneuert werden, also beispielsweise jede Woche aktiv ein neues Post-It schreiben und es an einen anderen Ort kleben oder einen Gegenstand, der einen ans Ziel erinnert, immer mal wieder in die Hand nehmen und dabei an die Zielvision denken.
     
  • Das Ziel mit möglichst vielen Menschen teilen: Wer seinem Umfeld von seinem Vorhaben erzählt, bekommt oft positives und unterstützendes Feedback wie „Ja, mach das, ich glaube an dich!“. Die dadurch in uns ausgelösten Gefühle wirken jedoch bereits wie eine Art Belohnung, sodass es sich ein bisschen so anfühlt, als hätten wir unser Ziel bereits erreicht – und das wiederum lässt unsere Motivation und Leistungsbereitschaft für das Ziel sinken, weil wir uns bereits „zufriedener“ bzw. „näher am Ziel“ fühlen. Besser: Etablieren Sie erst einmal für 30 Tage mindestens eine passende neue Gewohnheit und erzählen Sie erst dann anderen Menschen davon, wenn Sie erste Erfolge vorweisen können. Eine Ausnahme hiervon bildet das angesprochene „Buddy“-System (siehe oben).
     
  • Sich nur auf das Positive konzentrieren: Auf ähnliche Weise verhält es sich, wenn man sich nur in den schönsten Farben ausmalt, wie man motiviert und fröhlich die Aktivitäten zur Zielerreichung ausübt und sich am Ende überglücklich am Ziel sieht. Das Ziel im Kopf zu erreichen, sorgt ebenfalls bereits für sehr positive Gefühle und lässt es oft weniger „dringlich“ wirken, ins Tun zu kommen. Außerdem wird man definitiv auf dem Weg zum Ziel zeitweise unmotiviert sein und auf Hindernisse stoßen. Daher ist es essenziell, sich mental und praktisch auf solche Situationen vorzubereiten, zum Beispiel: „Was mache ich, wenn ich mal keine Lust habe, zum Sport zu gehen? Wenn es regnet? Wenn ich zwischendurch zwei Wochen lang krank bin?“ Mögliche Lösungen wären etwa ein kurzes Training von 15 Minuten bei Unlust (das ist immer noch besser als gar nichts), zuhause trainieren, wenn es draußen stürmt und man partout nicht vor die Tür möchte, und sich während einer Krankheit zumindest mental „bei der Stange halten“, indem man etwa ein Buch oder Blogs zum Thema „effektives Trainieren“ liest.

Checkliste: Wichtige Grundbedingungen auf dem Weg zum Ziel

Auch wenn Sie die bisher genannten Punkte befolgen, braucht es doch gewisse Grundvoraussetzungen bezüglich Ihrer aktuellen Lebenssituation, damit Sie wirklich erfolgreich an Ihrem Ziel ankommen können. Prüfen Sie bei den folgenden Aspekten, wie es gerade in Ihrem Leben aussieht.

  • „Habe ich im Moment genügend Kraft und Energie für das Ziel, also mental, körperlich und emotional?“ 
    Erleben Sie gerade eine Krise, viel Stress, trauern, sind körperlich geschwächt oder anderweitig in Ihrem Energiehaushalt eingeschränkt, lohnt es sich möglicherweise, den Startschuss Ihres Vorhabens etwas zu verschieben. 
  •  „Habe ich genügend Zeit für mein Ziel?“
    Neue Gewohnheiten brauchen Zeit – nicht nur, bis sie haften bleiben, sondern auch für deren Umsetzung an sich. Sie haben bereits einen vollen Terminkalender? Dann versuchen Sie Zeit zu gewinnen, indem Sie in anderen Lebensbereichen Ihre Aktivitäten zeitlich reduzieren.

  • „Möchte ich eine mit meinem Ziel verbundene neue Identität annehmen? Möchte ich das Ziel unbedingt erreichen? Möchte ich alle dafür notwendigen Handlungen regelmäßig wiederholen?“
    Wie James Clear feststellt, ist für dauerhafte positive Veränderung vor allem wichtig, die neuen Gewohnheiten langfristig aufrechtzuerhalten und auf ihrer Basis eine neue Identität anzunehmen. Es geht also nicht darum, einmal einen Triathlon mitzumachen, sondern „eine Triathletin zu sein“ und fortlaufend zu trainieren. Es ist nicht das Ziel, „10 Kilo abzunehmen“, sondern ein Mensch zu sein, der stets auf seine Gesundheit achtet und sich gesund ernährt, etc.

  •  „Gehe ich mit einer realistischen Erwartungshaltung an die Sache heran?"
    Es ist wichtig, keine linear steigende Erfolgskurve zu erwarten, sondern einen Entwicklungsweg mit Höhen und Tiefen. Jedes erfolgreiche Lernen von Neuem – was für das Erreichen von Zielen unabdingbar ist – wird mit hoher Wahrscheinlichkeit mit Gefühlen von Frust, Enttäuschung, Erschöpfung oder ähnlichem verbunden sein. Man wird Fehler machen und manchmal werden einem auch Dinge nicht gelingen, die man sich vorgenommen hat. Es ist wichtig, solche Erfahrungen nicht negativ zu bewerten, sondern sich klarzumachen, dass sie zur Neuroplastizität unseres Gehirns beitragen: Der Begriff steht für die in jedem Alter mögliche Formbarkeit des Gehirns, bei der neue Nervenbahnen für jede neue Gewohnheit geformt werden und die Nervenbahnen beendeter schlechter Gewohnheiten nach und nach schwinden. Unangenehme Gefühle auf dem Weg zum Ziel lösen im Gehirn chemische Reaktionen aus, die Neuroplastizität anregen, sodass Sie sich in Zukunft anders und besser verhalten können als bisher.

    Zudem ist man am Anfang und am Ende der Zielerreichung tendenziell höher motiviert als in der Mitte des Prozesses – manche nennen es auch das „Mitte-Problem“. Das ist ein natürlicher Teil des Unterfangens und es vorab zu kennen, ist schon mal hilfreich. Das Problem taucht bei langfristigen Zielen genauso auf, wie wenn es um eine Stunde „an meinem Buch schreiben“ geht. Für diese Phase ist es also besonders wichtig, dass Ihre individuellen Motivatoren in Ihrem Umfeld wirken und dass Sie besonders kleine Etappen und Milestones definieren, um nicht aufzugeben (zum Beispiel „eine halbe Seite schreiben“ als Zwischenziel).

  • „Kenne und nutze ich meinen Biorhythmus?“
    Planen Sie die notwendigen Aktivitäten unbedingt so ein, dass Sie energiereiche Zeiten für sich nutzen, anstatt sich anstrengenden neuen Gewohnheiten zu widmen, wenn Sie ohnehin eher kraftlos sind. Für Nachteulen kann eine Joggingrunde um 5 Uhr morgens zum Beispiel dazu führen, dass sie sich den ganzen Tag wie erschlagen fühlen, während sie möglicherweise viel motivierter abends Sport treiben, wenn andere bereits müde werden.

  • „Sorge ich für genügend Schlaf und Erholung und reduziere ich effektiv Stress?“
    Neuroplastizität, also die „Umprogrammierung“ unseres Gehirns auf neue förderliche Gewohnheiten zur erfolgreichen Zielerreichung, wird durch unangenehme Gefühle auf dem Weg zur Zielerreichung initiiert. Aber die eigentlichen neuen Verknüpfungen im Gehirn entstehen im Schlaf oder in anderen Zuständen tiefer Entspannung wie Meditation. Das verdeutlicht: Um zu lernen und sich weiterzuentwickeln, sind auch Ruhe- und Entspannungsphasen wichtig – nach dem Motto „rest and digest“. Da Stress einen gegenteiligen Effekt hat und uns auf vielfältige Weise bei unserer Zielerreichung behindert, sollte er unbedingt abgebaut werden bzw. Lebensumstände so verändert werden, dass gar nicht erst so viel Stress entsteht, zum Beispiel durch eine berufliche Veränderung, Hilfe beim Führen des Haushalts, das Prüfen sozialer Beziehungen daraufhin, ob sie einem noch guttun, etc.

Fazit

Ziele zu haben, reicht nicht. Richtig zufrieden macht es erst, sie auch zu erreichen. Wie schwer das ist, wissen alle, deren Vorhaben irgendwann als leere Willenserklärungen im Sande versickert sind. Aber die gute Nachricht ist: Wer sich tiefgehend mit seinen Zielen auseinandersetzt, die Tipps und Tricks dieses Artikels bewusst anwendet und durch das Etablieren neuer Gewohnheiten langsam in eine neue Version seiner selbst hineinwächst, erhöht die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung um ein Vielfaches. In diesem Sinne: Los geht’s! 

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