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Keine Angst: Wie Sie lernen, sich weniger zu fürchten

Keine Angst: Wie Sie lernen, sich weniger zu fürchten

Sie gehört zu unserem Leben dazu und ist niemandem fremd: Angst. Während sie eigentlich einen sinnvollen Zweck erfüllt, kann ein Zuviel davon unnötig hemmen und unsere Lebensqualität mindern. Ragnhild Struss zeigt auf, was es mit diesem Gefühl auf sich hat und wie Sie übermäßige Ängstlichkeit überwinden können. 

Eine Präsentation vor dem kritischen Chef, die mögliche Zurückweisung nach dem ersten Date oder die Sorge, wenn unsere Lieben zu spät nach Hause kommen: Jeder von uns kennt Alltagssituationen, die uns Angst machen oder zumindest ein mulmiges Gefühl in uns auslösen. Dabei ist die meist negativ assoziierte Angst eigentlich eine sinnvolle Empfindung, die uns wichtige Informationen übermittelt – solange sie nicht überhandnimmt und unser Leben zu stark beeinträchtigt. Aber was steckt dahinter, wenn wir häufig Angst* empfinden und wie kann man ein vertrauensvolleres, furchtloseres Leben führen? 

Was ist Angst und wie äußert sie sich?

Angst ist ein menschliches Grundgefühl, das wir in Situationen empfinden, die wir als bedrohlich wahrnehmen. Es handelt sich dabei um eine Empfindung der Besorgnis oder auch der „unlustbetonten Erregung“. Sie geht mit einer Reihe von körperlichen Reaktionen einher, die wir alle schon einmal erlebt haben: Aufmerksamkeit, Muskelanspannung und Herzfrequenz erhöhen sich, die Atmung wird flacher und möglicherweise beginnen wir zu schwitzen oder zu zittern. Blasen-, Magen- und Darmtätigkeit werden gehemmt, was manchmal in Übelkeit resultieren kann. Außerdem zeigt sich Angst deutlich in unserer Mimik, zum Beispiel an weit aufgerissenen Augen mit vergrößerten Pupillen. 

Diesen körperlichen Symptomen liegt die Aktivierung des Sympathikus zugrunde, dem Teil unseres Nervensystems, der uns zum Handeln vorbereitet und uns anregt. Das ergibt Sinn, ist Angst evolutionspsychologisch betrachtet doch ein wichtiger Überlebensmechanismus: Als Reaktion auf eine Bedrohung stellt sie die nötige Aufmerksamkeit und die Energie bereit, damit wir entweder kämpfen oder die Flucht ergreifen können („fight or flight“). Wir lernen durch Angst, uns vor möglichen Risiken zu schützen und steigern so unsere Chance zu überleben – in einer Zeit, in welcher der Mensch noch bedeutend mehr „echten“ Gefahren ausgesetzt war, ein sehr nützlicher Mechanismus. 

Wann Angst zum Problem wird

Auch heute erfüllt Angst in Form einer vorübergehenden Reaktion auf reale „Bedrohungen“ wie Unfälle oder eine Prüfung einen wichtigen Zweck: Sie hilft uns dabei, unsere Ressourcen zielgerichtet einzusetzen und uns ganz auf die anstehende Herausforderung zu konzentrieren. Problematisch wird es nur dann, wenn wir aufgrund von irrationalem Bedrohungsgefühl Angst so häufig empfinden, dass sie sich zu einer überdauernden, stabilen Charaktereigenschaft entwickelt. Dann wird das einst sinnvolle Gefühl „fehlgeleitet“ und wir schätzen auch solche Situationen immer wieder als bedrohlich ein, die eigentlich keine akute Gefahr mit sich bringen. 

Das passiert beispielsweise, wenn aus gesunder Zukunftsvorsicht so starke Schreckensgedanken werden, dass das anhaltende Angstgefühl unser psychisches und physisches System angreift – in Form von Konzentrationsschwierigkeiten, einem schwachen Immunsystem oder nicht mehr verschwinden wollenden Bauchschmerzen. Dann verengt die Angst unser Blickfeld, lässt uns nur noch potentielle Risiken sehen und andere Perspektiven ignorieren. Sie bringt uns auch oft dazu, am Vertrauten, vermeintlich Sicheren festzuhalten, statt „loszulassen“ und offen für Neues zu werden. Das Problem: Um gute Entscheidungen treffen und uns weiterentwickeln zu können, brauchen wir aber gerade den Blick für Möglichkeiten, die Offenheit für Informationen und die Fähigkeit, Altes loszulassen. 

Angst als Gefühl mangelnder Kontrolle und Sicherheit

Angst ist das Gegenteil von Sicherheit in zweierlei Hinsicht: Im Außen gibt uns das Gefühl von Kontrolle Sicherheit, im Inneren das (Selbst-)Vertrauen, dass wir etwas schaffen können – beides ist bei Angst nicht gegeben, zum Beispiel wenn wir als Flugängstlicher die Kontrolle der Steuerung des Flugzeugs an den Piloten abgeben müssen oder wenn wir nicht daran glauben, souverän einen Vortrag vor einem großen Publikum halten zu können. Der Ängstliche geht davon aus, in Zukunft einer Gefahr ausgeliefert und ihr weder auf der Handlungsebene noch auf der Ebene seiner inneren Ressourcen gewachsen zu sein. Um sich möglichst gut darauf vorzubereiten, malt er sich aus, was alles schiefgehen könnte, um schon mal vorsorglich Bewältigungsstrategien zu entwickeln. Der Haken dabei: Ein Großteil der im Kopf erdachten Schreckensszenarien trifft niemals ein und zusätzlich wird es immer unvorhersehbare Entwicklungen geben, auf die man sich ohnehin nicht vorbereiten kann!

Manche Menschen nutzen ihre Angst auch auf positive Weise – in Form von „Thrill“, einer Art Nervenkitzel bei riskanten Aktivitäten wie Motorradfahren, Fallschirmspringen oder Bungeejumping. Der Wechsel von einer angstbehafteten Gefahrensituation hin zur Bewältigung dieser und der Erkenntnis „Ich hab’s geschafft!“ kann ein intensives Gefühl der Lebendigkeit und einen gewissen Kick vermitteln, den einige schätzen. Auch Menschen, die sich nicht freiwillig in ihrer Freizeit angsteinflößenden Situationen stellen würden, profitieren von einer Konfrontation mit ihren Ängsten: Einer vermeintlichen Bedrohung standzuhalten und zu merken, dass man überlebt und es eigentlich gar nicht so schlimm war, ist ein Kernansatz der kognitiven Verhaltenstherapie, um die Angst vor bestimmten Dingen zu „verlernen“. 

So überwinden Sie übermäßige Angst und entwickeln mehr (Selbst-)Vertrauen

Ein weniger ängstlicher Lebensstil bringt viele Vorteile mit sich: Ohne Angst können wir viel freier leben und das ausprobieren, was uns wirklich interessiert. Mit genügend Vertrauen in uns selbst, in eine höhere Instanz oder die Welt müssen wir das Außen weniger fürchten und haben weniger Verlangen, es um jeden Preis zu kontrollieren, weil wir überzeugt sind: „Egal, welche Situation auf mich zukommt – ich werde ihr gewachsen sein!“ Mit den folgenden Tipps gelingt es Ihnen, ein furchtloseres Leben zu führen: 

  1. Die eigene Angst akzeptieren
    Es ist eine extrem wichtige Basis, sich selbst – und gegebenenfalls anderen – überhaupt einzugestehen, dass man vor etwas oder in bestimmten Situationen Angst hat. Denn wenn wir unsere Angstgefühle um jeden Preis verbergen wollen und uns selbst dafür kritisieren, erzeugen wir nur zusätzlichen Stress, mit dem es uns schlecht geht. Darüber hinaus hält unsere Angst wichtige Informationen über eigene Bedürfnisse nach Schutz und Sicherheit bereit, die wir ernstnehmen sollten. Schon alleine deshalb sollten wir Angst nicht per se negativ bewerten, weil wir diese Botschaften sonst übersehen. Fangen Sie also an, zu Ihrer Angst zu stehen, und äußern Sie sie ruhig auch gegenüber anderen. Sie werden überrascht sein, wie vielen Menschen es ähnlich geht und wie erleichternd es auf alle wirkt, sich offen über Ängste austauschen zu können. 
     
  2. Sich der Angst immer wieder stellen
    Wie weiter oben bereits angesprochen, gilt bei Ängsten: „The only way out is through.“ Denn wenn wir regelmäßig Situationen meiden, die uns Angst machen, fühlen wir uns zwar zunächst beruhigt, doch oft werden unsere (irrationalen) Ängste dadurch noch größer, weil wir lernen: „Es war richtig, sich davor zu schützen.“ Machen wir hingegen die Erfahrung, dass wir Flugreisen, Vorträge oder was auch immer uns ängstigt überleben und eigentlich nichts Schlimmes dabei passiert, können wir diese Situationen künftig als weniger riskant einschätzen. Auch wenn es unangenehm ist, körperliche Angstsymptome wie Herzrasen durchstehen zu müssen – schaffen wir es, dann lernen wir, dass sie auch wieder vorüber gehen. 
     
  3. Selbstvertrauen und Selbstwirksamkeit aufbauen
    Hervorragende Schutzfaktoren gegen übermäßige Angstgefühle sind Selbstvertrauen und Selbstwirksamkeit. Selbstvertrauen bedeutet, sich seiner eigenen Fähigkeiten bewusst zu sein und darauf zu vertrauen, sie wenn nötig abrufen zu können. Selbstwirksamkeit ist in ähnlicher Weise der Glaube daran, dass man (plötzlichen) Herausforderungen gewachsen sein und diese bewältigen können wird – auch dass man SELBST etwas dazu beitragen kann und kein Opfer der äußeren Umstände ist. Eine solche Grundeinstellung lässt sich trainieren, indem Sie einerseits den Fokus darauf legen, was Sie gut können und was Ihnen bereits gelungen ist (am besten halten Sie täglich Ihre Erfolge, positiven Eigenschaften und Fähigkeiten in einem Tagebuch fest). Andererseits entsteht Sie, wenn Sie sich immer wieder an Neues heranwagen und versuchen es zu meistern, zum Beispiel eine Fernreise ganz alleine, ein neues Hobby wie Surfen oder ein „Auftritt“ in der Karaokebar. Sie können sich sogar einen Spaß daraus machen und bewusst jede Woche oder jeden Monat etwas Ihnen völlig Unbekanntes wagen. Die vielen Erfahrungen, dass Sie Dinge hinkriegen bzw. dass es nicht schlimm ist, auch mal Fehler zu machen, wird Sie künftig gelassener gegenüber Unbekanntem werden lassen.
     
  4. Sich mit den richtigen Menschen umgeben
    Es wird Ihnen schwerfallen, mit weniger Angst durchs Leben zu gehen, wenn die Menschen in Ihrem Umfeld sehr ängstlich sind und überall Gefahr wittern. Natürlich sollen Sie solche Persönlichkeiten nicht komplett aus Ihrem Leben verbannen, was vor allem schwierig und unpassend wäre, wenn es sich dabei um Ihre Familie handelt. Achten Sie aber bewusst darauf, wie Sie sich fühlen, wenn Sie mit bestimmten Menschen Kontakt haben: Gibt es Freunde, die Sie ermutigen, wenn nötig Ihre Hand halten und Ihnen gut zureden, sodass Sie sich selbst in deren Gegenwart mehr zutrauen? Oder fallen Ihnen Personen ein, die Sie für ihre Furchtlosigkeit und ihren Mut bewundern und von denen Sie sich gerne eine Scheibe abschneiden würden? Das sind die Menschen, die Ihnen bei Ihrer Entwicklung zu einem angstfreieren Leben behilflich sind und mit denen Sie sich bewusst umgeben sollten, um selbst mehr Mut zu entwickeln.
     
  5. Ängsten die physische Grundlage entziehen
    Schließlich ist nicht zu unterschätzen, wie stark Psyche und Körper zusammenhängen und wie wir durch ein paar Anpassungen unseres Lebensstils Ängsten wesentlich die Basis nehmen. Vielen Menschen hilft es bereits, Stimulanzien wie Koffein, Nikotin oder industriezuckerhaltige Snacks zu vermeiden, da diese oft Nervosität, Stress, Herzrasen und Blutzuckerschwankungen auslösen können – welche unser Geist mit Symptomen für Angst verwechselt und mitunter als solche interpretiert. Da Angst mit einem übererregten Sympathikus einhergeht, sind zudem alle Maßnahmen hilfreich, die den Gegenspieler, das parasympathische Nervensystem, ansprechen: Entspannungsmaßnahmen wie Yoga, Meditation oder ein heißes Bad helfen unserem Körper, ruhiger zu werden und sich zu erholen, während Sport in jeglicher Form dazu dient, Stresshormone abzubauen, unsere Ruheherzfrequenz zu senken und uns besser schlafen zu lassen. Achten Sie darauf, bewusst Dinge wegzulassen, die Sie gestresster und angstanfälliger machen, und stattdessen regelmäßig Ihr System „herunterzufahren“. 

Fazit

Ein Leben völlig ohne Angst ist nicht möglich und auch nicht nötig, weil sie uns durchaus auf sinnvolle Weise vor möglichen Bedrohungen schützt. Jedoch müssen wir es nicht hinnehmen, wenn Angst unser Leben zu stark dominiert und unseren Handlungsspielraum zu sehr einschränkt. Das Gute: Mit Psychotherapie oder eigenen Maßnahmen können wir die Neigung zu Ängstlichkeit sehr gut beeinflussen und lernen, dass wir uns weniger fürchten müssen, als wir bisher angenommen haben – für ein mutiges und freies Leben, in dem wir die Dinge wagen, die uns wirklich am Herzen liegen. 

 


* Dieser Beitrag bezieht sich auf „normale“, leichte bis mittelschwere Angstgefühle, die jeder Mensch bis zu einem gewissen Grade empfindet. Davon abzugrenzen sind schwerwiegendere Angststörungen wie Neurosen oder Panikattacken, welche am besten mit Hilfe eines (Verhaltens-)Therapeuten angegangen werden sollten. 

 

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