#Karriere

Berufliche Stärken: So erkennen Sie Ihr Potenzial in 6 Schritten

Berufliche Stärken: So erkennen Sie Ihr Potenzial in 6 Schritten

Die eigenen beruflichen Potenziale zu kennen, ist wichtig, damit wir den Job finden, der wirklich zu uns passt, und uns im Bewerbungsgespräch authentisch und selbstbewusst präsentieren können. Ragnhild Struss gibt eine Step-by-Step-Anleitung, mit der Sie herausfinden, worin Sie besonders gut sind.

„Welche Stärken haben Sie?“ – irgendwann fällt diese Frage in jedem Vorstellungsgespräch und will nicht nur überzeugend, sondern vor allem auch authentisch beantwortet werden. Denn nur wenn unsere Fähigkeiten wirklich zu den Anforderungen unseres neuen Jobs passen, werden wir dort auf lange Sicht gut und gerne Leistung bringen. Das Bewusstsein über eigene Talente, Stärken und Potenziale ist aber nicht nur in der Vorbereitung aufs Job-Interview, sondern auf jedem Schritt der beruflichen Laufbahn wichtig. Wer weiß, worin er*sie richtig gut ist, kann gezielt Aufgaben übernehmen, bei denen die eigenen Fähigkeiten voll zum Einsatz kommen bzw. von Anfang an einen Job wählen, in dem verstärkt solche Aufgaben anfallen. Die Passung von Potenzialen und Arbeitsinhalten bzw. -tasks ist für alle Beteiligten vorteilhaft: für Sie selbst, weil Ihnen die Arbeit dann leichter fällt und mehr Freude macht, für Ihren Arbeitgeber, der von besseren Arbeitsergebnissen profitiert, sowie für die gesamte Gesellschaft, in der jede*r das tut, was er*sie am besten kann, und somit das Potenzial aller optimal ausgeschöpft wird.

Welche beruflichen Stärken habe ich?

So essenziell es ist, die eigenen beruflichen Stärken zu kennen, so schwer fällt es vielen, sich in dieser Hinsicht treffend einzuschätzen. Vor allem Menschen mit selbstkritischer Haltung sehen leichter die Schwächen und „Fehler“ an sich, als dass ihnen das Positive ins Auge fällt. Oft sehen wir unsere Talente auch als etwas Selbstverständliches an, weil uns bestimmte Dinge immer schon leichtgefallen sind und wir sie als „normal“ wahrnehmen. Oder es kann sein, dass in unserer Familie oder im aktuellen Job unsere Stärken eher als etwas Negatives dargestellt wurden bzw. einfach nicht gefragt waren. Wem es immerhin gelingt, einige seiner Talente und Fähigkeiten zu identifizieren, der betrachtet oft nur den privaten Kontext („Ich kann gut kochen.“, „Meine Freunde fragen mich gerne um Rat.“, etc.) und denkt, diese Aspekte hätten nichts mit dem Beruflichen zu tun. Dabei kann jede Stärke in ein berufliches Asset „übersetzt“ werden, auch wenn sie auf den ersten Blick nichts mit einer spezifischen Stellenbeschreibung zu tun hat. Die folgenden Übungen helfen Ihnen dabei, Ihre beruflichen Stärken zu erkennen und folgend auf dieser Basis die richtigen Karriere-Entscheidungen zu treffen. 
 

1. Machen Sie Ihre berufliche Stärkenanalyse zu einem Projekt

Die eigenen beruflichen Stärken aufzudecken, braucht Zeit und Geduld. Es ist nicht damit getan, einmal für zehn Minuten darüber nachzudenken und die Aufgabe dann abzuhaken. Betrachten Sie das Ganze vielmehr als Selbstanalyse-Projekt, dem Sie über mehrere Wochen hinweg wiederholt Aufmerksamkeit und Energie widmen. Legen Sie sich dafür ein Notizbuch an, welches Sie immer bei sich tragen, und halten Sie darin alle Erkenntnisse schriftlich fest. Es hilft bei der Vergegenwärtigung Ihrer Talente, diese schwarz auf weiß vor sich zu sehen und Sie sich immer wieder durchlesen zu können. Weiten Sie außerdem Ihren Blick: Fragen Sie sich nicht nur, welche beruflichen Stärken Sie aktuell in Ihrem Job einsetzen, sondern denken Sie auch an vorherige oder ganz neue, Ihnen bisher fremde Berufe, Branchen und Möglichkeiten, die Ihnen entsprechen würden. Nehmen Sie gerne auch ein Fremdbild hinzu, indem Sie vertraute Personen fragen, welche Stärken Sie bei Ihnen sehen, und sich (Arbeits-)Zeugnisse sowie positives berufliches Feedback in Erinnerung rufen. 
 

2. Brainstormen Sie Ihre Eigenschaften, Stärken und Talente

Starten Sie Ihre Analyse mit dem Offensichtlichen: Denken Sie darüber nach, was Sie einzigartig macht und was Sie besonders gut können. Begrenzen Sie sich dabei nicht auf berufliche Themen, sondern schreiben Sie allgemein alles auf, was Ihnen dazu einfällt. Die folgenden Fragen lenken Sie zu Ihren Potenzialen hin:

  • Welche Eigenschaften mag ich an mir besonders gerne?
  • Mit welchen Adjektiven kann man mich treffend beschreiben?
  • Wie würde ich mich in einem (Job-)Interview vorstellen?
  • Über welches Feedback / Kompliment habe ich mich sehr gefreut?
  • Was fällt mir leichter als anderen?
  • Wofür werde ich immer wieder gelobt?
  • Bei welcher Tätigkeit bin ich so „in meinem Element“, dass ich Zeit und Raum vergesse?
  • Wofür würden meine Freund*innen mich um Hilfe bitten?
  • Wofür werde ich in meiner aktuellen beruflichen Rolle gelobt?
  • Welche Stärken habe ich mobilisiert, um an genau diesem Punkt in meinem Leben zu sein?
  • Welche meiner Stärken beruflich nutzen zu können, würde mich wahrscheinlich glücklich machen? 
  • Was sind meine fünf größten Talente?
  • Welchen Beitrag kann ich dadurch im Beruf leisten?
  • Was brauche ich deshalb in Bezug auf mein optimales Arbeitsumfeld?

Es fällt Ihnen weiterhin schwer, Ihre persönlichen Stärken zu benennen? Dann ziehen Sie gerne psychologische Persönlichkeitstests zu Rate. Den Schnuppertest von Struss & Claussen können Sie kostenfrei online absolvieren und erhalten damit erste Einblicke in Ihre Potenziale. Und der Clifton StrengthsFinder ist ein empfehlenswerter Online-Test, der zuverlässig Ihre Top-Talentthemen identifiziert.
 

3. Denken Sie an Ihre Peak Performances zurück

Überlegen Sie einmal: In welcher Situation bzw. welchen Situationen haben Sie „wie von selbst“ eine Peak Performance abgeliefert? Damit ist eine Leistung oder Tätigkeit gemeint, bei der Sie sich von Ihrer besten Seite zeigen konnten, sich so richtig wohlgefühlt haben und im Anschluss stolz auf sich waren – ob im Berufs- oder im Privatleben. Das kann alles Mögliche sein: Vielleicht haben Sie erfolgreich einen Kindergeburtstag organisiert, haben eine umwerfende Präsentation für den Vorstand erstellt, kamen auf einer Party als Entertainer so richtig in Fahrt oder haben mit scharfem, analytischen Blick die Arbeitsprozesse in Ihrem aktuellen Job optimiert. Haben Sie eine oder mehrere Peak Performances vor Augen? Dann beantworten Sie die folgenden Fragen dazu:

  • Welche positiven Eigenschaften, die typisch für mich sind, erkenne ich dabei wieder?
  • Welche beruflichen Eigenschaften und Stärken erkenne ich in meiner Peak Performance?
  • Was genau war es, warum ich mich dabei so wohl bzw. stolz gefühlt habe?

Neben Ihren Stärken, die Sie aus dieser Übung herauslesen können, lernen Sie ggf. bereits etwas über typische Bedingungen, Situationen und Umstände, die Sie motivieren und in denen Sie sich voll entfalten können. 
 

4. Identifizieren Sie Ihre Motivatoren

Legen Sie nun den Fokus darauf, was gegeben sein muss, damit Sie sich richtig motiviert fühlen, an die Arbeit zu gehen und Leistung zu bringen (betrachten Sie wie immer auch Ihr Privatleben). Denn Ihre eigenen Motivatoren zu kennen, ist quasi ein Katalysator für Ihre Stärken: Während Ihre De-Motivatoren Sie ausbremsen und hemmen, bringen Ihre Motivatoren Sie „wie von selbst“ in die richtige Stimmung und verleihen Ihnen Energie, sodass Sie gerne arbeiten. Überlegen Sie anhand der folgenden Liste, die Sie natürlich gerne ergänzen dürfen, welche Umstände Sie besonders beflügeln und ggf., auch, welche sich negativ auf Ihre Leistungsbereitschaft auswirken. Halten Sie Ihre Erkenntnisse schriftlich fest.

  • Etwas Sinnvolles tun (zum Beispiel Menschen, Tieren oder der Umwelt helfen)
  • Wettbewerb (sich mit anderen messen und gewinnen können)
  • Einfluss (die Führung übernehmen, Dinge entscheiden und bewegen können)
  • Wissbegier (etwas Neues lernen / sich weiterentwickeln können)
  • Kooperation (Teamarbeit, viel Austausch mit anderen, Zusammengehörigkeitsgefühl)
  • Alleine arbeiten (möglichst ungestört, in Ruhe und ohne die Anwesenheit anderer)
  • Lob (positives Feedback und Applaus bekommen)
  • Unabhängigkeit (möglichst frei und selbstbestimmt arbeiten können)
  • Herausforderung (schwierige Aufgaben und Probleme lösen, Widrigkeiten trotzen)
  • Status (zum Beispiel prestigeträchtige Jobs, sich als jemand Bedeutsames fühlen)
  • Etc.


5. Kennen Sie Ihre Bedürfnisse

Während Ihre Motivatoren sich vor allem auf inhaltliche Aspekte Ihrer Arbeit und Ihres Lebens beziehen, ist es sinnvoll, auch einmal ganz pragmatisch die Formalien zu prüfen: Welche Bedürfnisse haben Sie aufgrund Ihres Charakters, Ihrer mentalen und physischen Aspekte und Ihrer aktuellen Lebenssituation, die in Ihrem idealen Job erfüllt sein sollten? Welche Arbeitsform, räumliche Umgebung und Zeiteinteilung passen dazu? Auch diese Punkte können entweder förderlich sein und Ihnen dabei helfen, Ihre Stärken zum Ausdruck zu bringen, oder Sie können Sie ausbremsen bzw. Ihnen Energie rauben, sodass Ihr Potenzial sich schon alleine deswegen nicht richtig entfalten kann. Widmen Sie Ihren Bedürfnissen also ebenfalls Aufmerksamkeit und beantworten Sie die folgenden Fragen:

  • Wie viel Struktur brauchen Sie – genaue Richtlinien oder viel Freiraum?
  • Welche Tätigkeit liegt Ihnen beim Arbeiten am meisten – Ideen entwickeln, Projekte umsetzen, Feinschliff vornehmen und Fehler korrigieren, Menschen zusammenbringen, …?
  • Brauchen Sie eher Routine und Vorhersehbarkeit oder Abwechslung und Unvorhergesehenes?
  • Arbeiten Sie am besten mit Menschen zusammen oder lieber alleine?
  • Sind Ihnen die Möglichkeit auf Remote Work und flexible Arbeitszeiten wichtig? 
  • Möchten Sie ggf. in Teilzeit arbeiten oder wäre auch eine 60-Stunden-Woche für Sie in Ordnung?
  • Brauchen Sie einen ruhigen Arbeitsplatz oder eher einen anregenden, trubeligen?
  • Haben Sie die Lust und Energie für berufliches Reisen? 
  • Würden Sie gerne häufig Vorträge halten? Oder arbeiten Sie lieber im Hintergrund und stehen nicht gerne im Mittelpunkt?
     

6. Übertragen Sie Ihre Stärken ins Berufliche

Sie haben die letzten fünf Schritte durchlaufen und ganz viele Notizen gesammelt? Super! Ziel ist es nun, Ihre Erkenntnisse in einen beruflichen Kontext zu bringen, um am Ende sagen zu können: „Meine beruflichen Stärken sind ... und ich brauche die folgenden Arbeitsbedingungen, um sie zur Geltung zu bringen …“ Gehen Sie so vor, dass Sie zunächst alles noch einmal durchlesen und dabei ganz frei assoziieren, was jeder einzelne Aspekt für das Berufliche bedeuten könnte. 

Beispiele:

  • Sie haben aufgeschrieben, dass Sie beim Kochen ganz in Ihrem Element sind. Das bedeutet nicht unbedingt, dass Ihr Talent Kochen per se ist und Sie als Koch*Köchin arbeiten sollten (auch wenn es das bedeuten kann). Es kann auch übertragen werden auf einen guten Geschmack im Allgemeinen oder auf die Fähigkeit, einzelne Elemente zu einem Gesamt(kunst)werk zusammenzusetzen. Wenn Sie gerne exakt nach Rezept kochen, kann es für Struktur, Detailaufmerksamkeit und methodisches Vorgehen stehen; sind Sie lieber experimentierfreudig und kreativ, können genau das auch berufliche Assets sein.
     
  • Sie bekommen immer wieder von anderen gesagt, man fühle sich bei Ihnen einfach wohl. Daraus können Sie einerseits ablesen, dass Sie wahrscheinlich für Berufe im Service- und Dienstleistungsbereich bzw. mit viel Menschenkontakt geeignet wären: pflegend, lehrend, therapierend, beratend, aber auch verkaufend und überzeugend. Sie können Ihre Fähigkeit, dass andere Ihnen schnell vertrauen und sich Ihnen öffnen, aber auch in anderen Berufen nutzen und dort entsprechende Positionen bekleiden, zum Beispiel im HR-Bereich, als Betriebsratsmitglied oder Mediator*in.
     
  • Ihre Peak Performance war, als auf der Hochzeit Ihrer besten Freundin die Musikanlage ausfiel und Sie schnell Ersatz organisiert haben? Offenbar sind Sie ein super Troubleshooter, können sich flexibel an unvorhergesehene Situationen anpassen und finden schnell Lösungen. Vielleicht haben Sie auch ein gutes Netzwerk von Menschen, die Ihnen bei verschiedenen Themen behilflich sein können. 

Tipp: Wenn es Ihnen schwerfällt, sich selbst auf Ihre Stärken hin abzuklopfen, dann tun Sie so, als würden Sie eine dritte Person beraten, also zum Beispiel „Die Person bekommt von anderen gesagt, sie sei …“ usw. So nehmen Sie gleich eine wohlwollende, unvoreingenommene Haltung ein, die Sie gegenüber sich selbst so vielleicht nicht aufbringen würden. Laden Sie außerdem enge Vertraute (Freund*innen, Partner*in, Familienmitglieder) zu Ihrem Stärken-Brainstorming ein. Oft sehen sie von außen Dinge an uns, die uns selbst gar nicht bewusst sind bzw. die uns als „nichts Besonderes“ vorkommen. 

Schließen Sie Ihre Stärken-Analyse ab, indem Sie aus den im Assoziationsschritt gesammelten beruflichen Stärken sowie aus Ihren Motivatoren und Bedürfnissen auf passende Berufsbilder und Jobs für sich schließen. Mit welchen Arbeitsinhalten sollten Sie sich aufgrund Ihrer Potenziale beschäftigen? Wie sähe Ihr optimales Arbeitsumfeld aus? Mit welchen Menschen würden Sie gerne zusammenarbeiten? Um welche Produkte soll es beruflich gehen? Welche Unternehmensform passt zu Ihnen? Und welche Arbeitszeiten wären genau richtig für Sie? Schreiben Sie sich Ihre perfekte Job Description und nutzen Sie sie künftig als Vorlage, um offene Stellen mit Ihren individuellen Kriterien abzugleichen. Viel Erfolg und Freude beim Einbringen Ihrer Stärken in einem beruflichen Kontext, der wirklich zu Ihnen passt!

 

Die wichtigste Grundlage für beruflichen Erfolg und persönliche Zufriedenheit bildet eine Lebensführung in Übereinstimmung mit Ihrer Persönlichkeit. Sie zu kennen, ist der erste Schritt. Mit unserem kostenfreien Schnuppertest bieten wir Ihnen die Möglichkeit, ihn zu gehen und einen ersten Einblick in Ihr Inneres zu erhalten.

Das könnte Sie auch interessieren